• Wenn der Berg (laut) ruft...
    Ramsau I Österreich

Juni 2020

Im Winter endlos-weiße, sonnenumschmeichelte sanfte Hänge, im Sommer schier unendliche bunte Sommerwiesen.
Zu welcher Jahreszeit es mich besonders in das steirische Ramsau zieht, das ist schwer zu entscheiden. Am liebsten winters wie sommers und am besten auch noch im Herbst, wenn sich die Lärchenwälder leuchtend orangegelb und die Ahornbäume golden einfärben. Aber losgelöst von der Saison heißt es für uns jedenfalls immer: Los, der Berg ruft...

Es ist ein Wanderparadies: Ramsau und Umgebung, im Nordwesten der Steiermark gelegen, am Dreiländereck mit Oberösterreich und Salzburg. Auf 1100 bis 1700 Metern Seehöhe liegt das Hochplateau, das Ramsau umgibt, und das direkt an die Südwände des Dachsteinmassivs anschließt. Vielleicht ist es der Liebe meiner Eltern zu den Bergen und dieser Gegend geschuldet, dass es auch mich immer wieder hierher zurückzieht. Und es ist wohl auch dieses Gefühl in die eigene Kindheit einzutauchen, wenn ich an den üppig blühenden Wiesen der Ramsau entlanglaufe: Intensives Gelb, dazwischen blaue Blumen-Einsprengsel, im Wind wogende Margeriten, am Wiesenrand weiter oben die für die Gegend typischen Ahornbäume. Und natürlich mittendrin Haflinger mit wehenden blonden Mähnen und noch weiter hinten dann das schroffe Dachsteingebirge. Postkartenidylle. Ich atme tief durch: Hallo Ramsau, da bin ich wieder. Schon als 6-jährige bin ich inmitten dieser Wiesen gestanden und konnte mein Glück kaum fassen: grenzenlos frei kam ich mir vor und meine Augen konnten sich nicht sattsehen an den Farben. Und wie frei ich mich erst auf den Bergen gefühlt habe... Einen Ramsau-Urlaub ohne Wanderung gibt es deswegen auch heute nicht für mich und die Auswahl an Routen ist schier endlos – von romantisch-gemütlich bis zu schweißtreibend-fordernd. Anfang Juni 2020 sind wir einfach nur froh, dass wir nach den langen Covid-bedingten Wochen zu Hause im Home Office wieder hinaus können. Dass das Wetter in diesen Tagen nicht perfekt mitspielt, geschenkt. Wir sind hier, wir können unsere Lungen mit frischer Luft auffüllen und das immer wieder auf`s Neue beeindruckende Dachsteinpanorama genießen. Und wandern, auch wenn es dieses Mal aufgrund des wechselhaften Wetters nur kleine Touren sind. Wunderschön sind sie dennoch...

Tipp Nr. 1: Ramsau-Begrüßung am Ramsauer Panoramaweg
Mit einem Spaziergang entlang des Panoramawegs Ost begrüße ich die Ramsau: Hier findet man alles, was die Ramsau so ausmacht. Wunderschöne weite Wiesen, Ahornbaum-Alleen, der Blick auf das imposante Dachsteingebirge, hübsche Bauernhöfe, friedlich grasende Kühe und Pferde und das Gefühl, dass man es hier ziemlich lange gut aushalten könnte. Der erste Abschnitt des Panoramawegs verläuft sonnig und fast eben: Startpunkt ist das Veranstaltungszentrum bzw. die evangelische Kirche, von dort geht es leicht hinauf zum Bauernhof Mayerhofer, kurz davor zweigt man rechts in die Panorama Allee ab: Auf einem romantischen Wiesenweg geht es nun vorbei an alten Ahornbäumen, schönen alten Höfen und weidenden Kühen und mit Ausblick auf die Schladminger Tauern. Ein junger kleiner Stier scheint sich mindestens genauso zu freuen mich kennen zu lernen, wie ich mich freue endlich wieder hier zu sein. Er galoppiert über seine Weide geradewegs auf uns zu und was bin ich froh, dass zwischen uns und ihm ein elektrischer Zaun ist. Einen Moment lang überlege ich, ob er unter diesem Zaun durchkäme, im Falle vom besonderem Übermut. Er will doch nur spielen, grinst mein Mann. Ja, aber bitte nicht mir...

Der Weg ist gut ausgeschildert, schließlich landet man in Ramsau Kulm: bei der hübschen, mit Holzschindeln verkleideten katholischen Kirche (ein kurzer Besuch lohnt sich schon aufgrund der schönen Fresken) geht es über die Straße weiter über den Philosophenweg, an einem Bach entlang zurück zum Ramsauer Veranstaltungszentrum. (Gehzeit je nach Gehtempo ca. 2 – 2,5h)

Tipp Nr. 2: Treppauf durch die Silberkarklamm
Da muss ich wohl wieder mal auf deinen Kindheitspfaden wandeln, kommentiert mein Mann dann auch schmunzelnd meinen Vorschlag den regenfreien Vormittag für eine kleine Wanderung durch die Silberkarklamm zu nutzen. Denn ab Mittag ist leichter Regen angesagt und die ca. einstündige Wanderung durch die pittoreske Klamm hinauf zur Silberkarhütte scheint da genau richtig zu sein. Vom Parkplatz vor der Klamm geht es in ca. 45 Minuten über Treppen und schmale Pfade romantisch bergan durch die Klamm, vorbei am tosenden Wildbach und senkrechten Felswänden. Eine großartige, wilde Natur präsentiert sich in dieser Schlucht: Immer wieder ist man versucht stehen zu bleiben, dem sich seinen Weg ins Tal bahnenden Wasser zuzuhören und am liebsten würde ich die Bergschuhe ausziehen und meine Füsse ins kalte Wasser strecken. Aber heute scheint es noch Garantie auf Wasser von oben zu geben, also lasse ich es. Obwohl am Parkplatz bereits drei Dutzend Autos geparkt waren, sind wir hier großteils alleine unterwegs.

Am Klammende, nach dem Schleierfall, packt uns dann der Wind, der aufgekommen ist und ich ziehe mir die Mütze tiefer ins Gesicht. Und ja, die Kaputze setze ich auch noch auf, denn es fängt nun auch ein wenig zu nieseln an. Nun geht es durch einen breiten Kessel zur Silberkarhütte hinauf, für die schönen alpinen Pflanzen habe ich gerade wenig Aufmerksamkeit, denn der Wind pfeift ganz schön und ich freue mich auf die Wärme der Hütte, die man dann plötzlich auch schon sieht. Wie aus dem Bilderbuch liegt sie da oben, vor einer Felswand. Fünf Minuten noch und dann sind wir auch schon oben. Von der Sonnenterrasse hat man einen schönen Ausblick, trotz grauem Himmel und Nieselregen. Die Hütte ist zwar ziemlich voll, aber wir finden einen freien Platz im gemütlichen Inneren mit genug Abstand zu den anderen (ja, woran man in Covid Zeiten alles denken muss...), wo es Bioprodukte vom eigenen Bauernhof gibt. Eine heiße Nudelsuppe mit Gemüse ist für mich jetzt genau das richtige. Genau richtig ist auch diese kleine Tour, um sich für die nächsten Tage "einzugehen", finden wir; zurück ins Tal geht es dann wahlweise wieder durch die Klamm oder über den Wald-Höhenweg. Wir steigen durch die Klamm ab, ein wenig rutschig sind die Holzstiegen nun mittlerweile, es gilt sich auf jeden Schritt zu konzentrieren und den anderen Wandereren gut auszuweichen, aber dafür entdecken wir nun noch mal andere Blickwinkel.

Wer mehr Zeit hat, der kann von der Silberkarhütte über den „Höhenweg“ und am Kesselrand entlang bis zum Kamm wandern. Hier wird man mit einer großartigen Aussicht hinunter nach Rössing und auf die Niederen Tauern belohnt und natürlich auch auf den Kessel des Silberkars. Trittsicher und schwindelfrei sollte man für diesen Steig auf jeden Fall sein, auch wenn er gut angelegt ist. Zurück ins Tal geht es dann über steile Serpentinen.

Tipp Nr. 3: Immer den Dachstein im Blick – Wanderung zur Austriahütte
In meiner Kindheit war diese Wanderung unsere "Eingeh-Wanderung": Als 6-jährige bin ich mit meinem Vater zu Beginn unseres Urlaubs in der Ramsau immer regelrecht hinaufgestürmt zur Austriahütte. Vom "Stürmen" bin ich heute weit entfernt, denn von unserem Startpunkt, dem Gasthof Edelbrunn, geht es über den Roseggersteig gleich mal ziemlich steil bergauf, hier macht man schnell Höhenmeter. Daher wählen wir die umgekehrte Route und gehen über den breiten Forstweg zur Austriahütte; dieser ist zwar anfangs ein wenig langweilig, aber spätestens wenn man sich der Brand Alm nähert, wartet hier ein überwältigender Ausblick auf die Dachstein-Südwand und die gegenüberliegenden Schladminger Tauern auf einen. Kurz stehen bleiben, durchatmen, staunen. Sattgrüne Almwiesen, blauer Himmel, und dann stehen wir auch schon vor der idyllischen Brand Alm Hütte und widerstehen erfolgreich der Versuchung bereits hier einzukehren.

Über ein paar weitere Kehren und immer mit grandiosem Dachstein-Blick geht es hinauf zur Austriahütte – die leider noch geschlossen ist. Ebenfalls geschlossen ist somit auch das Alpinmuseum, das sich unterhalb der Terrasse der Austria Hütte befindet: Hier erfährt man einiges über die Erschließungsgeschichte des Dachsteins und zu Rettungsversuchen bei Wetterstürzen. Traditionelle Ausrüstungsstücke dürfen natürlich auch nicht fehlen. Aber: geschlossen. In Corona-Zeiten ist eben alles anders. Schade. Erinnerungen steigen in mir auf: Hermann, ein Freund meines Vaters, war hier mal Hüttenwirt und zur Belohnung für den Aufstieg hatte er immer eine süße Kleinigkeit für mich bereit. Und bevor ich zu sentimental werde, geht es leicht aufsteigend über einen Grashang weiter hinauf zum Brandriedel, wo der Ausblick auf die Dachsteinsüdwand noch mal getoppt wird – und auch der Ausblick hinunter auf die Ramsau und Richtung Schladminger Tauern ist beeindruckend. Ein perfekter Platz um eine Pause zu machen und die mitgebrachten Brote zu verschlingen.

Neben uns erklimmen andere Wanderer keuchend die letzten Höhenmeter herauf zu uns; sie kommen über den Roseggersteig und über genau den geht es nun für uns bergab. Zuerst über eine steile Stahltreppe mit Handlauf und dann über einen Steig durch den Wald, der stellenweise ein bisschen steil ist – und heute vor allem rutschig, zumal es in der Nacht ziemlich geregnet hat. Man muss sich einigermaßen konzentrieren, um nicht auszurutschen. "Na da habt ihr euch was vorgenommen, bergab, bei dem Gatsch...", ruft uns eine Wanderin zu, die sich gerade bergauf über Wurzeln müht. Ja, denke ich mir, andersrum wäre die Route vermutlich doch besser gewählt gewesen. Entlang des Steigs stehen zahlreiche Tafeln mit Sinnsprüchen des steirischen Heimatdichters Peter Rosegger. "Alles, was Wert hat, müssen wir suchen und schwer verdienen. Je weiter der Weg, desto größer die Gnade." Hm, ich wünsche mir auch gerade Gnade und vor allem, dass wir bald unten sind, denn ich bin schon ziemlich knieweich. Aber das ist schnell vergessen, denn im Gasthof Edelbrunn wartet ein Backhendl auf mich. Und ich finde, das habe ich mir jetzt auch wirklich verdient. (Aufstieg vom Edelbrunn zur Dachstein Hütte über den Roseggersteig: ca. 1,5h – rund 370 hm.)

Tipp Nr. 4: Dachstein – Winterwanderung im Juni vom Hunerkogel zur Seethalerhütte
Es muss einfach sein: Ein Abstecher auf den Dachstein, genauer gesagt in den südlichen Teil des Dachsteinmassivs. Hinauf geht es von der Ramsau aus mit der Dachstein Gletscherbahn: Mit der zweispurigen Pendelbahn mit je einem Tragseil – und, Achtung, beeindruckend: ohne Stütze! – schwebt man hinauf, über die Dachstein-Südwand, zur Bergstation Hunerkogel. Teilweise liegen um die 200 Meter zwischen dem Boden da unten und der Gondel, in der man übrigens auch ganz Cabrio-Style oben ohne, in einer Art Korb über der Kabine stehend hinauf fahren kann. Als wir oben aussteigen, hat das österreichische Langlauf-Nationalteam offenbar das Training auf den Gletscherloipen schon hinter sich und macht sich nun auf ins Tal. Beneidenswert, denke ich mir, die haben ihre heutige Leistung schon abgerufen, ich bin jetzt noch gefordert. Die Seethalerhütte haben wir uns für den heutigen Abreisetag ausgesucht, eine kurze Wanderung über den gut präparierten, breiten Gletscherweg, mit umwerfendem Ausblick.

Von der Bergstation Hunerkogel geht es, rechts am sogenannten "Dirndl" vorbei, am Hallstätter Gletscher Richtung Westen zur Seethalerhütte auf der Dachsteinwarte. Weiß, wohin man blickt, es ist fast eine etwas unwirkliche Atmosphäre. Ruhig ist es hier oben, nur das Knirschen unserer Schuhe im Schnee ist zu hören und das vom Wind vertragende Kreischen einiger Bergdohlen. Es sind zwar nur rund 140 Höhenmeter, die es zu überwinden gilt, aber plötzlich stellt sich der Berg ziemlich auf und ich habe das Gefühl trotz guter Bergschuhe im Schnee bei jedem Schritt einen nach vorne zu machen und zwei nach hinten zu rutschen. Aber schließlich will die Kaspressknödelsuppe, die in der Hütte auf mich wartet, verdient sein.

Ich bleibe kurz stehen – denn ich spüre die Höhe etwas in der Lunge – und sehe mich um: Witzig, ich fühle mich Anfang Juni von einer Minute auf die andere in den tiefsten Winter zurückversetzt. Weiter geht`s, eine Kurve noch und schon sehen wir die Hütte, die auf 2.740 Metern Höhe liegt und damit die höchstgelegene Schutzhütte der Dachstein-Tauern Region ist. Und wenn wir schon da sind, dann machen wir auch noch die wenigen Meter hinauf zum Gipfelkreuz, wo ein atemberaubender Ausblick auf uns wartet. Hinter und um uns alles weiß, vor uns sattgrüne Hänge und Berge. Das hat sich gelohnt, des Ausblicks wegen und auch wegen der Kasspressknödelsuppe. Denn die schmeckt im reduziert-alpinen Ambiente der neu gebauten Seethalerhütte, die durch große Fenster wunderbare Ausblicke bietet, besonders gut. Rote Wangen, eine dampfende Suppe vor uns, Winterfeeling zu Pfingsten. Zurück geht es über den gleichen Weg zum Hunerkogel, durch den mittlerweile etwas sulzigen Mittagsschnee. Was bin ich froh, dass ich schon oben war, denn jetzt sinkt man richtig ein im Schnee und jeder Schritt wird mühsam. Bei der Gipfelstation der Gondel dann noch ein letzter Rundumblick von der Aussichtsterrasse – über uns die Bergdohlen, unter uns die frühsommerlich grüne Ramsau. Klick. Noch schnell alles im Gedächtnis abspeichern, Corona-Nasen-Mundschutz anlegen und dann schweben wir auch schon wieder mit der Cabriogondel hinunter ins Tal...

Unser Routen-Tipp: Kleine, einfache Wanderung vom Hunerkogel zur Seethalerhütte; ca. 140 Höhenmeter, rund 1h pro Wegstrecke; mit der Schladming-Dachstein-Sommercard, die man bei Sommercard-Mitgliedsbetrieben in der Ramsau gratis vom Gastgeber erhält, kann man die Panoramagondel übrigens kostenlos nutzen – alle Infos zur Sommercard hier.

Mehr zur Seethalerhütte gibt es übrigens hier...

gut schlafen

Wer gut schläft, wandert besser: Soweit meine Theorie. Deswegen gibt es hier auch eine Empfehlung und zwar für das Landhaus Bergrast der Familie Höflehner. Gemütliche Apartments mit Blick auf Ahornbäume, Dachsteinmassiv und Schladminger Tauern. Und auch darüber hinaus ist alles da, was man zur Erholung bei einem Aktivurlaub so braucht. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Tipp Nr. 2: Auch hier hat Familie Höflehner die Finger im Spiel – und zwar beim Naturchalet Höflehner. Zwei wunderschöne geräumige Apartments, ebenfalls in ruhiger Lage, ebenfalls mit Ausblick auf das Dachsteinmassiv. Auch hier fehlt nichts, was das Urlauberherz glücklich macht. Und auch dazu gibt es mehr Infos und zwar hier.