• Boutiquehotel Die Josefine
    Wien I Österreich

November 2023

Es sollte ein Geschenk zum runden Geburtstag einer Freundin aus Hamburg
werden – und praktischerweise habe ich mich gleich selbst auch dazu eingeladen: Nämlich zu
einer Nacht im Hotel Die Josefine in Wien-Mariahilf. Meine Anreise ist also ungleich kürzer als die
meiner Freundin – und als wir das Hotel betreten, weiß ich es gleich: hier sind wir richtig…

In einem intensiven Beeren-Ton ist (fast) alles im Entree gestrichen – und ja, muss man mögen. Ich liebe es. Wir schweben also über die imposante Treppe hinauf Richtung Rezeption, unter einem mächtigen Kristallluster vorbei an wunderbar üppigen, farbenfrohen Blumen in Vasen: Orange Nadelkissen-Proteas, zartrosa Flamingo-Blumen, dunkelorange Strelitzien, Äste mit knallorangen Beeren – da ist alles vertreten, was ich auch zu Hause gerne ins Wasser stelle. Und dann mag ich das Hotel gleich noch mehr, obwohl ich noch nicht so viel gesehen habe: Denn der Empfang ist herzlich, und zwar wirklich herzlich, nicht dieses professionell-freundliche „Herzlich“. Was mich aber gar nicht so überrascht, denn auch bei meinem Anruf am Vortag war ich schon mehr als positiv angetan angesichts des wirklich freundlichen Telefon-Gegenübers. Ja, so leicht ist es das Herz eines Hotelgastes zu erobern. Und so bekommen wir hier unseren Zimmerschlüssel (ja, einen Schlüssel – auch das mag ich!) und ein kleines Büchlein mit ausgewählten Wien-Tipps, das auch Raum gibt für das Festhalten eigener Stadterinnerungen. Sehr nett.

Gleich im 1. Stock liegt dann unser Zimmer: Am Gang vor unserer Zimmertür ebenfalls beerenfarbene Wände, dazu rote Fransen-Lämpchen, was für eine Farbkombination, das muss man sich trauen. Fühlt sich fast ein bisschen verrucht an, aber eben nur ein ganz klein wenig. Unser Zimmer – wir haben uns für die eine Nacht mit "Josefine sur Cour" für eines der kleineren Zimmer entschieden – betreten wir dann quasi durch das Badezimmer: Rechts Garderobe und Ablage, links eine Badezimmerzeile mit Waschbecken. Und mit was für einem: petrolflaschengrün, so genau kann ich mich da gar nicht festlegen – ich bin schon wieder ein bisschen schockverliebt.

Auch der Rest gefällt, und wie: Ein – wie sich später herausstellt – sehr komfortables Bett mit bestickter „Die Josefine“-Bettwäsche. So, solche kleinen liebevollen Details mag ich auch, und wie. Wie auch den hinterleuchteten Spiegel, die Beerenfarbene samtene Ablagebank vor dem Bett und die rote Fransenlampe im 20ies Style, die über uns schwebt. Apropos, ich habe es noch gar nicht erwähnt: Alles hier, im ganzen Haus atmet irgendwie 1920er Luft. Ein bisschen Glamour, ein bisschen Kristallluster-Prunk (aber in genau der richtigen Dosis), dazu ein bisschen Lässigkeit, die das Heute durchschimmern lässt. Surrealistische Kunst an den Wänden, viel eleganter Samt, Messing, grüner Marmor aus Italien – was für eine gelungene Mischung. Da wird viel über die Vergangenheit erzählt, aber ohne den Komfort der Gegenwart zu vergessen. Aber zurück in unser Zimmer: Auch die leicht psychedelischen Fliesen in der Badzeile als auch in der großzügig geschnittenen Dusche mag ich, sie erinnern mich ein wenig an Italien, und wer meine Begeisterung für Italien kennt, der weiß, damit hat man mich sofort. Die kleinen, fast hinter dem Kopfteil verborgenen Leselampen entdecke ich dann auch noch: Ein weiterer Pluspunkt, denn nichts nervt mehr als hübsche aber funktionslose Lampen neben dem Bett zu haben.

Das war´s aber vorerst mit unserer Hotel-Entdeckungstour, denn jetzt geht es erstmal zum Dinner (ins nahe Chez Bernard, auch das eine absolute Empfehlung!). Danach aber nehmen wir nicht die Treppe hinauf in den ersten Stock, sondern ins Souterrain des Hotels: Hier wartet der Barfly´s Club auf Nachtschwärmer:innen. Zeit für ein Geständnis: In dieser American Bar habe ich bereits in den 90ern so manche Nacht mit einem oder mehreren Drinks verbracht, denn das Barfly´s war damals schon (seit seiner Gründung 1989) eine Wiener Institution. Umso schöner, dass sich hier nichts geändert hat, wobei, Moment, das Design ist dem des Hotels angepasst worden und das kommt richtig gut, finde ich: Auch hier mit Samt bezogene Sessel und Hocker, grüner Marmor an den Wänden und großzügige Spiegel. Würde einen nicht wundern, wenn hier plötzlich Marlene Dietrich hereinkäme... (Apropos: 2019 wurde das ehemalige Hotel Fürst Metternich geschlossen, das Haus komplett saniert und im Herbst 2021 schließlich als Die Josefine neu eröffnet.) Wir haben Glück und ergattern auch gleich ein Tischerl und weil es schon spät ist und uns der Verdacht beschleicht, dass weiterer Alkohol heute das Morgen etwas mühsam machen könnte, entscheiden wir uns für alkoholfreie Cocktails. Und das ist durchaus keine Niederlage, so gut wie diese ausfallen (z.B. der fruchtige Christmas Jones). Und wie herrlich, es ist dann quasi nur mehr ein Umfaller in unser Bett zwei Stockwerke höher.

Und wer ist jetzt bitte Josefine?
Vor dem Einschlafen beschäftigt mich dann aber doch noch eine Frage: Wer ist denn nun eigentlich diese Josefine, nach der das Hotel benannt ist? Ich lese nach auf der Website: Josephine de Bourblanc, eine junge, in Wien geboerene Aristokratin, findet in den 1920er Jahren auf der Flucht vor der Russischen Revolution hier, in der Esterhazygasse 33, ein Zuhause, das sie schließlich, als aus dem Wohnhaus ein Hotel wurde, in einen "magischen Ort" verwandelt. Das also ist die Geschichte hinter dem Hotel, zugegeben etwas im Zeitraffer erzählt. Und: Josefine, wie sie genannt wird, hat immer ein kleines Notizbücherl dabei, um Erlebtes, Anekdoten und Skizzen festzuhalten. Aha, denke ich mir, daher das hübsche Notizbuch, das wir beim Check-in bekommen haben. Und vorerst war es das mit einschlafen, denn nun will ich mehr wissen und google, aber, sie bleibt ein Mysterium, diese Josephine de Bourblanc, keinerlei Spuren im Internet hat sie hinterlassen und dabei vergisst das Internet doch nichts und niemand? Hm. Vielleicht also doch ein Gschichtl, wie man so schön sagt bei uns in Wien? Ich richte mir den Polster und bevor ich dann endgültig ins Reich der Träume abtauche denke ich mir noch: Na gut, dann ist es halt vielleicht ein Gschichtl, aber ein gutes...

Es muss dann noch sein, am nächsten Tag: ein Besuch der Phonothek im Erdgeschoss. Was für eine großartige Idee: Hier gibt es eine riesige Schallplattensammlung, man hat also die Qual der Wahl, welche Platte man sich auflegen soll. Wovon sich meine Augen auch kaum lösen können: Von den schönen handgefertigten Möbeln aus Wiener Geflecht. Hier sollte man sich Zeit nehmen und sich hinsetzen, zumindest für eine Schallplattenlänge, dazu ein Getränk aus der Honesty-Bar, ja, was soll ich sagen, da beschleicht mich dann der Verdacht, dass ich unbedingt noch mal wiederkommen muss. Und apropos, beim nächsten Mal vergesse ich dann bei der Abreise auch nicht Josefines Notizbücherl, das wir beim Einchecken bekommen haben...

Auch noch gut zu wissen: Gefrühstückt haben wir leider nicht im Hotel, dieses findet in den Räumlichkeiten des Barfly´s im Souterrain statt – und das hole ich demnächst einfach mal so nach. Denn ja, auch Nicht-Gäste dürfen hier zum à la Carte Frühstück vorbeischneien (vorher reservieren wird aber dringend angeraten). Übrigens: Wer im Sommer anreist, sollte unbedingt auch der Terrasse einen Besuch abstatten.
Die Josefine liegt zentral (unweit der Mariahilfer Straße) und dennoch sehr ruhig, mit der U3 Station in der Nähe perfekt an den Öffentlichen Verkehr angebunden. 49 Zimmer gibt es (und das würde man dem Haus von außen gar nicht anmerken) und das in 7 Kategorien was Größe und Preis betrifft; Das Zimmer "Josefine Historique" und die Suite "Bel Etage" verfügen übrigens über wunderschöne Jugendstil-Buntglasfenster. Und wenn das nicht noch ein weiterer guter Grund ist sich hier, in meiner Heimatstadt, zu einem besonderen Anlass eine tolle Hotel-Nacht zu gönnen...

 

Hotel Die Josefine
www.hoteljosefine.at
Esterhazygasse 33, 1060 Wien I Österreich
E-Mail: bonjour@hoteljosefine.at



Das ist ein unbeauftragter und unbezahlter Blog-Beitrag. Und darüberhinaus eine Empfehlung von Herzen...