Na bumm, denke ich mir schon am zweiten Tag, jetzt sind wir aber in der
Bredouille: Schon wieder einen so schönen Platz in Südtirol gefunden, der sich im Rekordtempo in unser Herz geschlichen hat – und an den wir somit unbedingt zurückkommen müssen in der Zukunft…
Die Auffahrt von Klausen unten im Eisacktal zum Rotwandter Hof in Lengstein am Ritten ist steil und kurvig, so wie das halt sein muss in Südtirol. Ist das nicht so, dann ist man nicht in Südtirol, so mein Credo. Aber es lohnt sich: Denn von dort oben auf rund 750 Metern Höhe – und dann noch mal großartiger von den gleich zwei Balkonen unserer Ferienwohnung am Rotwandter Hof – haben wir einen sensationellen Ausblick: Auf den Schlern, das steinerne Wahrzeichen Südtirols, sowie das Eisacktal. Um uns herum nur Wiesen, Wälder und die Obstwiesen mit Kirschen- und Apfelbäumen von Dani und Flori, unseren Gastgeber:innen. Da stehen wir dann also erst mal am Balkon, atmen tief durch und schauen. Das werden wir hier in den nächsten Tagen übrigens öfter machen: Bergfernsehen, wie ich es auch nenne. Allein der Schlern bietet da so einiges, mit Wolken, ohne Wolken, mal nur schemenhaft zu sehen, dann wieder so was von präsent und abends am allerschönsten, wenn sich die Abendsonne auf das Schlernplateau legt und den ganzen Berg erglühen lässt. Und dann dieser Ausblick ins Eisacktal, mit diesen unglaublichen Abendstimmungen. Wie könnte man das nicht mögen.
Aber zurück zum Rotwandter Hof und Dani und Flori Zippl: Die beiden bewirtschaften den Hof, der seit 1778 in Familienbesitz und damit ein sogenannter Südtiroler „Erbhof“ ist, bereits in 7. Generation. Und die 8. Generation ist mit den Kindern Simon und Sofie auch schon am Start, wenn auch noch in den Kinderschuhen. 2020 hat Flori gemeinsam mit Dani den Hof übernommen und in den folgenden Jahren (2022/2023) die oberen Stockwerke des rund 300 Jahre alten Bauernhauses saniert. Wobei „saniert“ fast zu kurz greift, denn das gesamte Obergeschoss wurde in Holzbauweise komplett neu gebaut, zwei neue Ferienapartments sind hier entstanden (Apartment Nr. 3 ist ebenerdig).
Das Holz riecht man auch gleich, wenn man in die Apartments kommt – herrlich. Bäume mussten dafür übrigens keine gefällt werden, es kam ausschließlich Fallholz aus dem eigenen Föhren-Wald zum Einsatz. Die meisten Holzmöbel in den Wohnungen sind von Flori gebaut worden, irgendwie Ehrensache, wenn man gelernter Tischler ist. Holz, Lehm, Kalk – beim Bau der neuen Geschosse wurden fast ausschließlich Naturmaterialien und nachhaltige Materialien verwendet. Wir fühlen uns jedenfalls augenblicklich wohl in unserem „Bienenstock“-Apartment auf zwei Ebenen, unten Wohnraum und Küchen/Ess-Bereich, Bad sowie die zwei Balkone, oben auf einer Art Galerie der Schlafbereich. Schockverliebt bin ich auch gleich in das großzügige Badezimmer, an dem ich einfach alles mag – allem voran den Ausblick beim Duschen: Wann kann man schon mit großartigem Fernblick in das Eisacktal duschen? Perfekt ausgestattet ist übrigens die Küche, was den Hobby-Koch an meiner Seite sehr freut.
Herzliche Gastgeber:innen haben wir uns da ausgesucht, das fällt uns schon beim Einchecken auf. Unkompliziert ist hier alles, und wir freuen uns über einen Willkommensgruß mit Eiern von den glücklichen Bielefelder Hof-Hühnern und den selbst produzierten Apfelsaft. Wer Tipps braucht oder eine Frage hat, Dani hat immer ein Ohr dafür. Überhaupt, es lohnt sich ein bisschen mehr zu erfahren über den Hof und seine Bewohner:innen, und so nehmen wir das Angebot einer Führung über den Obstbauhof gerne an. Mit Flori und dem zutraulichen Border Collie Momo (der früher an Floris Seite Schäferhund für Schafe auf dem Rittner Horn war, jetzt in Hundepension ist und den wir augenblicklich ins Herz geschlossen haben – und dessen größte Leidenschaft das Stockerl-apportieren ist) geht es dann erst mal zu den Apfelbäumen: Unterschiedlichste Sorten werden auf dem abfallenden Hang angebaut und ja, es ist wirklich lehrreich zu erfahren, wie viele Arbeitsschritte hinter dem Apfel stecken, bis wir hineinbeißen. Momo läuft vor uns her und wir streifen durch das Morgentau-nasse Gras, zwischen den Apfelbaumreihen. Schade, dass sie noch nicht reif sind, zu gerne hätte ich mir direkt einen vom Baum gepflückt...
Hochreif ist hingegen Ende Juni ein Großteil der Kirschen, die auf gut einem Hektar angebaut werden: Dunkel, fast schwarz, herzförmig, unglaublich süß – und köstlich. In zwei Tagen geht´s los mit der Ernte, erzählt Flori, an die drei Wochen lang, 12 Stunden am Tag. Ich bekomme müde Beine, wenn ich nur daran denke. Und auch hier gilt: Man würde es nicht ahnen, wieviel Arbeit und Aufwand dahinterstecken, bis die Kirsche eben genau so ist, wie ich sie mir gerade in den Mund stecke. Eines weiß ich auch gleich: Ab jetzt bin ich verdorben für andere Kirschen, eigentlich möchte ich nur mehr Floris und Danis Kirschen. Die übrigens einen derart guten Ruf haben, dass die Leute sogar zwei Stunden Anfahrt in Kauf nehmen, um sich mit Kirschen einzudecken. Nachhaltigkeit ist Flori auch bei den Obstwiesen wichtig: Sie werden mit Wasser aus dem hofeigenen Auffangbecken bewässert. Aber nicht nur hier wird langfristig gedacht: Geheizt wird mit Hackschnitzel aus dem Holz der hofeigenen Wälder, die Photovoltaikanlage sorgt für den Strom, die Solaranlage für das warme Wasser.
Und dann nimmt uns Flori auch noch zu seinen wunderschönen Kastanienbäumen mit; Schwarzkastanien, Edelkastanien, mächtige Bäume, und teilweise wohl an die 300 Jahre alt, sagt Flori. Normalerweise dürfen sich in dieser Wiesen-Idylle unter den großen, schattenspendenden Bäumen auch die Schafe herumtreiben, aber die sind gerade mit ihrem Nachwuchs zur Sommerfrische auf der Alm und wahrscheinlich sind wir an ihnen auf unserer Wanderung auf das Rittner Horn sogar vorbeigelaufen. Und dort drüben sind unsere Bienen, deutet Flori dann noch über den Hof in die Ferne , denn leidenschaftlicher Imker ist er auch.
Auf´s Rittner Horn wandern, die Erdpyramiden besuchen, freskierte Kirchen in den umliegenden Orten besichtigen, den bezaubernden ehemaligen Sommerfrische-Weiler Bad Dreikirchen besuchen, durch Oberbozen spazieren, einen Ausflug nach Bozen machen – die Zeit fliegt nur so an uns vorbei. Und schon sind acht Tage vergangen, irgendwie kaum zu glauben. Noch einmal den Ausblick auf das Eisacktal genießen. Und dann schaut uns Momo ein bisschen traurig an (zumindest bilden wir uns das ein, denn wer wird ihm in den nächsten Tagen das Stockerl werfen?) und wir streicheln ihn ein letztes Mal. Nun heißt es Abschied nehmen, von Dani, Flori, Simon und Sofie. Und ja, wir haben es ja schon gleich nach unserer Ankunft geahnt, das war wohl nicht unser letzter Aufenthalt am Rotwandter Hof…
Auch noch gut zu wissen: Der Rotwandter Hof liegt perfekt, wenn man des Wanderns wegen nach Südtirol gekommen ist: Direkt am Hof vorbei führen einige Wanderwege, mit dem Auto ist es nur rund 25 Minuten zur Talstation der Kabinenbahn hinauf zum Rittner Horn (Talstation Pemmern), wo es ein breites Angebot an Wanderrouten mit wunderschönem Ausblick (tw. bis in die Schweiz). Jede Menge Tipps in Sachen Wandern und Bergsteigen kann man sich von Flori holen, einem begeisterten Kletterer und Bergsteiger (und Snowboarder).
Auch kulturell bietet die Gegend am Ritten einiges, von hübschen kleinen (vielfach wunderbar freskierten) Kirchen (wie z.B. der kleinen Wallfahrtskirche Maria Saal) bis hin zum entzückenden ehemaligen Sommerfrische-Weiler Bad Dreikirchen (mit den gleich drei Kirchlein Hl. Gertraud, Hl. Nikolaus, Hl. Magdalena). Ein Abstecher ins nahe Bozen lohnt immer – und ist dank der Ritten Card, die man am Rotwandter Hof erhält, auch noch gratis und komplett stressfrei: Auto im Parkhaus Kaiserau in Klobenstein parken, am 3 Gehminuten entfernten Bahnhof in die Rittenbahn einsteigen, die einen in Oberbozen wieder ausspuckt, genau neben der Bergstation der Standseilbahn, mit der man entspannt nach Bozen hinunter schwebt.
Lust auf frische Kräuter? Dann darf man sich am Rotwandter Hof selbst bedienen. Auch Salat kann man bei Dani beziehen (wenn gerade genug gedeiht), und, je nach Verfügbarkeit, auch Obst (neben den Äpfeln und Kirschen gibt es auch noch Zwetschken, Marillen, Feigen und Walnüsse, wie auch die schon erwähnten Kastanien) direkt am Hof kaufen. Gleiches gilt für die Eier der hübschen Bielefelder Hühner.
Und weil man sich den Flori auf dem Bankerl sitzend und nichts tuend einfach nicht vorstellen kann, tut sich auch dauernd was am Hof: Gerade ist ein toller Platz mit Feuerschale im Entstehen sowie eine Outdoor-Küche. Und wie wir ihn kennengelernt haben, wird´s dabei vermutlich nicht bleiben…
Soviel frische Luft macht hungrig – und Dani hat, als ehemalige Gastwirtin, zahlreiche Tipps parat, wo es in der Gegend am besten schmeckt. Wir sind ihrem Rat gefolgt und hatten z.B. im nahen Gasthof Egarter (mit einem sensationellen Ausblick auf den Schlern) einen richtig schönen Abend.
Und ja, einen ausführlichen Beitrag mit weiteren Tipps und Empfehlungen zu Wanderrouten, Kultur und Kulinarik gibt es demnächst auch am Blog...
Rotwandter Hof
www.rotwandterhof.it
Rotwand 18 I 39054 Lengstein am Ritten, Südtirol/Italien
Email: info@rotwandterhof.it