• Ciao Treviso!
    Kleine große Schönheit im Veneto...

zuletzt Mai 2019

Oft braucht es eine zweite Chance, manchmal sogar eine dritte: Treviso, die "città delle acque", empfängt uns bei unserem dritten Besuch – nach zwei komplett verregneten Intermezzi in den vergangenen Jahren – mit Sonnenschein pur. Und was das ausmacht: Charmant ist die kleine Stadt mit ihren Kanälen und dem kompakten, schön sanierten Altstadtkern – und dieses Mal ist dies auch für uns nicht zu übersehen. 

Wir können unser Glück eigentlich noch gar nicht so recht fassen: Es scheint tatsächlich die Sonne und das obwohl wir gleich in Treviso sind. Das kennen wir auch anders: Bei strömendem Regen und Kälte schlichen wir vor Jahren im Oktober durch die kleine Stadt an der Sile und viel anders lief es auch nicht beim zweiten Mal, da hat die Stadt also etwas an uns gutzumachen, soviel hartnäckige Liebe unsererseits sollte doch irgendwann belohnt werden und tatsächlich, nun scheint es so weit zu sein. Siehst du das, sagt mein Mann, keine Wolke, na gut, ein paar kleine, aber die sind noch weit weg... Wehe! Wir deponieren das Auto (Parkhaus Multipiano dal Negro) und dann geht es auch schon an der Sile entlang über die ersten Brücken hinein ins Zentrum der Stadt. Und irgendwie fühlt sich dies nun wie ein erster Besuch an, denn wir erkennen die Stadt gar nicht wieder. Schön, aber finster hat sie sich bisher immer gezeigt, aber nun, im prallen Sonnenlicht, mit blauem Himmel, packt sie allen Charme, über den sie verfügt aus. Zeit für eine Platitüde: bei Sonnenschein ist doch gleich alles viel schöner...

"Città delle acque" und "urbs picta"
Sie hat viele Beinamen, die kleine Stadt am Zusammenfluss der Flüsse Botteniga und Sile, 30 km entfernt von Venedig: "Die kleine Schwester von Venedig" bzw. "Città delle acque" – aufgrund der Kanäle und Brücken –, aber auch "urbs picta", die "bemalte Stadt", denn rund 300 Gebäude in der Stadt zieren Fresken. Und es ist wohl ein bisschen von allem, was den Charme dieser Stadt, die darüber hinaus ein wichtiger Player der Wirtschaftsregion Venetien ist, ausmacht. Hier gibt es nicht die eine berühmte Sehenswürdigkeit, wegen der man sich auf den Weg nach Treviso macht, es ist die Gesamtkomposition des Altstadtkerns – der nach den schweren Bombardements im zweiten Weltkrieg übrigens wieder vollständig aufgebaut worden war –, die die Stadt sehenswert macht. Ein guter Mix aus schönen Plätzen, lebendigen Gassen, malerischen Kanälen, guten Restaurants und hübschen kleinen Shops. Eine Stadt, die einlädt zum Flanieren und genau das machen wir. Wir lassen uns treiben, durch ein großes Tor spült es uns auf die hübsche Piazza Santa Maria dei Battuti und von dort vorbei an der Chiesa Santa Rita und der Loggia dei Cavalieri in den "Salon" der Stadt, auf die Piazza dei Signori.

Der "Salon" der Stadt: Die Piazza dei Signori
Auch die Piazza dei Signori erkennen wir nicht wieder: Das letzte Mal haben wir hier in einem Cafè Schutz gesucht vor peitschendem Regen und nasser Kälte, die uns in die Knochen kroch. Heute suchen wir uns einen guten Platz unter der Markise des Cafès Signore e Signori, direkt auf der Piazza, mit Blick auf das hübsche nostalgische Kinderkarussell, das derzeit noch im Mittagsschlaf liegt. Was die Kinder, die auf die kleinen Pferde klettern wollen, nicht zu stören scheint. Aaaannnna, vieni, komm her, lass das Pferd, ruft die junge Frau am Tisch neben uns und widmet sich dann wieder ihrem Kaffee und ihrer Begleitung. Und Anna widmet sich weiter den Pferden. Hier könnte man länger sitzen und den Bewohnern der Stadt zusehen, wie sie über den Platz eilen, einander zuwinken, kurz plaudern und dann von den angrenzenden Gassen verschluckt werden.

Repräsentativer Mittelpunkt der Stadt ist die Piazza dei Signori, mit dem gotischen Palazzo dei Trecento. Wer ganz genau hinsieht, entdeckt in der oberen Hälfte der Fassade eine Markierung, die rundum läuft und zeigt, wie stark der Palazzo während des zweiten Weltkriegs vom Bombardement beschädigt worden war. Aber auch dieser Palazzo wurde nach dem Krieg wieder aufgebaut, mit viel Glück waren auch die historischen Fresken im Inneren erhalten geblieben. Die Längsseite der Piazza wird vom Palazzo Pretorio dominiert, ein neugotisches Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Heute befindet sich darin die Präfektur.

Was muss man eigentlich noch gesehen haben in Treviso?
Das Stadtmuseum Museo Civico, mit Werken von Tizian und anderen italienischen Renaissance-Malern und den mittelalterlichen Fresken im Santa-Caterina-Komplex. Weiters die Kirche San Nicolò, die ein besonders schönes Beispiel für italienische Backsteingotik sein soll, sagt unser Kunst-Reiseführer. Auch der Fischmarkt soll ein Erlebnis sein, idyllisch auf einer kleinen Insel in der Sile gelegen, aber das haben wir schon vor ein paar Jahren bei strömendem Regen absolviert, fällt uns dann ein, das können wir also mit gutem Gewissen als erledigt betrachten. Auch kulinarisch soll sich hier einiges tun, als besondere Spezialität der Region gilt der "radiccio rosso" (roter Radicchio), ein Zichoriengewächs mit einem zart-bitteren Geschmack. Roh als Salat, gegrillt oder gedünstet kommt er hier auf den Tisch und jedes Jahr gibt es sogar ein Gastronomie-Festival, bei dem der Radicchio im Mittelpunkt steht. Aber der Radicchio muss warten, denn wir schlendern jetzt mal weiter..

Der Dom überrascht dann doch: Mit einem echten Tizian...
Wir schlendern weiter durch die Calmaggiore, die beliebte Hauptgeschäftsstraße mit ihren hübschen Laubengängen und Läden, und landen vor dem Dom und der wirkt, mit seinen sieben Kuppeln, auf den ersten Blick eher monumental als schön. Aber heute scheint die Sonne auf die Stufen zwischen den mächtigen Säulen, junge Leute sitzen hier, plaudern, haben hier ihren Treffpunkt, ein friedliches Bild. Auch innen ist der Dom dann nicht gleich eine Kirche, die einem ein beeindrucktes "Wow" entlockt. Von der einst mittelalterlichen Kirche ist hier nicht mehr viel zu entdecken, außer den steinernen Löwen am Fuß der Treppen vor dem Dom. Klassizismus muss man mögen, brummt mein Mann, aber dann lohnt sich der Rundgang durch den Dom doch noch, denn wir stehen vor einem echten Tizian, in der Cappella Machiostro im rechten Seitenschiff. Das Altarbild "Die Verkündigung" soll eines der schönsten Werke Tizians sein. Die Fresken in der Cappella stammen von Pordenone und auch diese können sich sehen lassen.

Stadt der Kanäle
Der Fluss Botteniga fließt von Norden in die Stadt hinein und wird in drei Kanälen durch das Stadtzentrum geleitet. Einer davon ist der Canale Buranelli und er soll angeblich der schönste Kanal in der "Città delle acque" sein. Das wollen wir auch gerne glauben, denn es ist wirklich ein idyllisches Plätzchen, das man gleich ums Eck von Dom und Piazza dei Signori vorfindet. Vor der Altstadt wird ein Teil des Wassers übrigens rund um die Stadtmauer geleitet; wer Zeit hat, sollte im nördlichen Bereich der Altstadt einen Stopp einlegen, zum Beispiel an der Riviera Cagnan. Gemütliche Bänke, alte Wasserräder, üppige Trauerweiden – ein Platz, an dem man gut eine Pause einlegen kann.

Die beschaulichen Ecken von Treviso
Dann geht es schon weiter zur Ponte di San Francesco und auch diese Ecke von Treviso ist beschaulich-idyllisch. Von der Brücke aus hat man einen guten Ausblick auf ein mit Blumen umrahmtes Mühlrad und von denen gab es in der Vergangenheit viele in der Stadt, denn hier wurde Mehl für Venedig gemahlen. Fast kitschig-schön ist es hier, mit dem Blick auf den Kanal, den bunten Häuserfassaden und dem hübschen Restaurant in der Arkade neben dem Kanal. Lauschig muss das hier im Sommer sein, an lauen Abenden am kühlen Wasser und ja, vielleicht müsste man im Sommer auch noch mal hierher kommen. In den Gärten wuchern die Rosen und an einem Ende der Brücke finde ich ein Interior Design Geschäft, das definitiv einen Besuch wert ist. Nur schade, dass das schicke Sofa garantiert so gar nicht in unser Auto passen würde. 

Ein Must für Kunst-Fans: Die Chiesa San Francesco
Ein weiteres kunsthistorisches Highlight hat unser Reiseführer für uns parat: Die Chiesa San Francesco (Via San Francesco). Gleich zwei berühmte BürgerInnen dieser Stadt sind hier begraben, Pietro Alighieri, Dantes Sohn und die Tochter des italienischen Dichters und Geschichtsschreibers Francesco Petrarca. Ursprünglich im 13. Jahrhundert errichtet, hat die Kirche eine bewegte Geschichte hinter sich. Nachdem sie mehrmals erweitert worden war, wurde sie während der französischen Besatzung (1797) und unter Napoleon (1806) profaniert. Kirche und Kloster wurden dann als Kaserne, Militärspital und Warenlager verwendet.

Wir setzen uns und werfen einen Blick nach oben, auf die schöne Holzdecke. Beeindruckend sind auch die Fresken in der ersten Seitenkapelle (links von der Hauptchorkapelle), geschaffen von Tommaso da Modena und erst 1926 freigelegt. Scusi, che oro sono? Eine ältere Dame in einem feuerroten Kostüm, sorgfältig geschminkt und frisiert, steht plötzlich vor uns und fragt uns in strengem Tonfall nach der Uhrzeit. In zehn Minuten ist es halb vier. Ah, grazie, dann muss er ja bald kommen. Und dann kommt er auch schon, der Pfarrer, und einige wenige andere ältere Menschen suchen ihren Platz in der Kirche. Zeit zu gehen.

Ciao Treviso! Schön war´s mit dir...
Zeit sich noch ein wenig treiben zu lassen, in den kleinen Gässchen rund um die Piazza dei Signori. Vorbei an der Loggia dei Cavalieri, die offenbar ein beliebter Treffpunkt ist. Kurz überlegen wir noch zur Porta San Tomaso zu spazieren, die seit Beginn des 16. Jahrhunderts das prunkvollste Stadttor ist. Das Tor hatten wir nur kurz bei unserem verregneten Oktoberbesuch vor Jahren gesehen, aber jetzt lassen wir es sein und suchen uns statt dessen einen Tisch vor einer kleinen Bar auf der Piazza Santa Maria dei Battuti. Es ist warm für Anfang Mai und wir genießen es hier zu sitzen und dem nachbarschaftlichen Treiben auf der Piazza zuzusehen. Kleine Kinder rasen auf ihren Rollern kreuz und quer über den Platz, die Eltern nippen an ihrem Sprizz und haben ein wachsames Auge auf ihre Kleinen. Hunde jagen einander, Frauen plaudern miteinander, lässig an ihre Räder gelehnt. Die Friseurin vis à vis kommt aus ihrem Geschäft und wirft einen fragenden Blick auf die Menge... ein Kunde darunter? Na ja, vielleicht einfach Feierabend machen und auch auf einen Sprizz gehen? Ich mag Treviso, sage ich. Ich auch, sagt mein Mann, vor allem bei Sonne...

Nicht nur die Weltfirma Benetton hat in Treviso ihren Sitz, shoppen wird einem hier auch andersweitig leicht gemacht – mit hübschen kleinen Modeboutiquen und stylishen Interior Design Shops. Hier ein paar persönliche Tipps: 

MOMONI
Sophisticated, frei und kreativ - das ist die Philosophie von MOMONI. Bunt finde ich sie und auch nicht günstig - aber toll. 
Piazza Dei Signori, 25

GVINTAGE
Gleich um´s Eck von San Francesco in einem kleinen Laubengang liegt dieser hübsche kleine Vintage-Laden. Einen Besuch wert!
Via Sant`Angelo 159/A

GATTI VILLEVENETE
Achtung, man geht hinein in den Interior Design Showroom an der Ponte di Francesco und möchte ziemlich viel mitnehmen. 
Via Campana 18

 Der guten Ordnung halber erwähnt: Dieser Beitrag gilt als Werbung aufgrund von Namensnennungen/Verlinkungen. Die Reise erfolgte jedoch zur Gänze auf eigene Kosten. 

destination

TREVISO/VENETIEN

Treviso – eine kleine, wohlhabende Stadt mit einem hübschen Stadtzentrum im Nordosten Italiens, ca. 40 km nordöstlich von Padua gelegen und etwa 30 km nördlich von Venedig. Sie ist (mit rund 85.000 Einwohnern) Hauptstadt und Verwaltungssitz der gleichnamigen Provinz in der Region Venetien. Im 2. Weltkrieg war die Stadt von schweren Bombardements betroffen, die beschädigte Altstadt wurde aber zur Gänze wieder aufgebaut. Treviso und Umgebung ist ein bedeutendes Wirtschaftszentrum, nicht umsonst sind hier Unternehmen wie Benetton, DeLonghi, Geox oder Pinarello angesiedelt. 

gut schlafen

In Treviso ein zentrales und zugleich hübsches Hotel zu finden, ist nicht ganz leicht, denn Treviso ist nicht die typische Tourismusstadt. Es gibt allerdings mittlerweile einige hübsche B&Bs, die eine gute Alternative sein können. Hier reinzuschauen lohnt sich. 

Das Boutique Hotel Maison Matilda könnte bei meinem nächsten Treviso-Reise ganz oben auf meiner Liste stehen: Zentral gelegen, neben der Piazza Duomo, in einem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert.

Nicht in Treviso, sondern rund 25 Autominuten entfernt gelegen in San Bartolomeo di Breda di Piave - aber jeden Kilometer Fahrt wert. Ein bezauberndes B&B mit charmanten Gastgebern und tollem Restaurantbetrieb in einer ehemaligen alten Mühle: Die Locanda Rosa Rosae.

gut essen & trinken

CAFFETTERIA SIGNORE & SIGNORI
Für den kleinen Hunger oder ein Eis zwischendurch. Logenplatz im "Wohnzimmer" der Stadt, der Stadt beim leben zuschauen. 
Piazza dei Signori

TRUST Caffè
Hübsche Piazza mit netter Neighborhood, sensationell guter und günstiger Sprizz Aperol. 
Piazza Santa Maria dei Battuti, 11

TRATTORIA TONI DEL SPIN
Gemütliche Trattoria mit traditionellen Gerichten. Via Inferiore, 7

ODEON ALLA COLONNA
Idyllisch gelegen im Vicolo Rinaldi, seitlich der Via Campana, an einem Kanal. Nicht persönlich ausprobiert, aber ein Abend in dem wunderschönen Laubengang ist verlockend...
Vicolo Rinaldi, 3

GROM - il gelato come una volta
Piazza del Quartiere Latino, 16