• Malerisches Muggia
    Friaul-Julisch Venetien I Italien

Mai 2018

Es ist Anfang Mai, der Frühsommer macht gute Laune und wir machen uns auf
den Weg Richtung Süden, ins Friaul – und auch Richtung friulanische Küste und erstmals
in das hübsche kleine Küstenstädtchen Muggia, das genau gegenüber von Triest liegt…

Wie oft sind wir schon von Triest aus weitergefahren Richtung Slowenien und Kroatien, aber irgendwie hat es sich nie ergeben hier einen Stopp einzulegen: in Muggia. Aber dieses Mal soll es sein, ganz vorsätzlich und wir haben gleich den ersten Tag unseres Kurzurlaubs im Friaul dafür eingeplant. Last exit Italia, sozusagen, denn direkt hinter Muggia beginnt Slowenien: Das kleine Städtchen am Meer gehört schon zur istrischen Halbinsel, von der slowenischen Grenze ist man hier nur ein paar Kilometer entfernt. Übrigens, Muggia ist das einzige Teilgebiet Istriens, das auch heute noch zum italienischen Staatsgebiet gehört.

Da liegt das malerische Muggia also, ein bisschen verschlafen im Gegensatz zum nahen Triest, an der istrischen Adriaküste, am südlichen Küstenabschnitt des Golfs von Muggia – und genau das richtige Ziel für einen Tagesausflug. Heute aber, an diesem Samstagvormittag, herrscht in der Altstadt, dem „Borgo Lauro“ und auf der Piazza Giugliemo Marconi vor dem Duomo dei SS. Giovanni e Paolo allerdings reges Treiben: Eine Musikkapelle spielt unter den Arkaden des Palazzo Communale, ein Chor singt, die Lokale sind gut besucht, hier trifft man einander auf ein Gläschen oder zwei.

Wir lassen uns ein bisschen durch die Gassen der Altstadt treiben und wenn man sich vom Ortskern wegbewegt, wird es gleich sehr beschaulich. Da lehnt das Kinderfahrrad an der Hauswand, die Katze streicht langsam durch die Gasse und verschwindet mit einem geschmeidigen Sprung über einen Zaun, aus der einen oder anderen Wohnung riecht es schon verführerisch nach Mittagessen – da regt sich auch unser Magen und wir suchen und finden eine kleine Bar, wo wir ein paar Tramezzini und einen Sprizz zu uns nehmen. Dasitzen, entspannt dem Treiben auf der Piazza zusehen, die warme Mai-Sonne kitzelt auf den Armen, wir haben keine Eile.

Plötzlich wird es ruhiger, da eilen sie alle davon, Richtung Mittagessen, ciao Carlo, ciao Giulia, a presto! Auch wir springen auf, höchste Zeit dem Dom noch einen Besuch abzustatten, bevor er zu Mittag seine Pforten schließt...

Anfang der 1960er Jahre wurde er renoviert, der Dom Santi Giovanni e Paolo, erbaut wurde er allerdings bereits 1467, unter venezianischer Herrschaft, aus Kalkstein aus Aurisina. An der beeindruckenden Außenfassade springen einem das schöne Relief der Dreifaltigkeit über dem Haupttor und die prächtige Rosette ins Auge. Überhaupt, sie ist einfach schön, diese geschwungene spätgotische Fassade, auf der die Mittagssonne förmlich zu tanzen scheint. Das Innere ist dann überraschend schlicht, mit Freskenresten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Wieder draußen werfen wir noch einen Blick auf den Turm: Für ihn hatte man sich ein Vorbild aus der Region gesucht, nämlich den Campanile des Doms von Grado. Nach der Dunkelheit im Dom müssen wir erst mal die Augen zusammenkneifen, die Mai-Sonne zeigt heute, was sie kann.

Wir lassen uns weitertreiben, vorbei am Hafenbecken – einem sogenannten "Mandracchio" –, das sich mitten in die Altstadt hineinschmiegt: ein kleiner, geschützter Hafen, in dem vor allem Fischerboote und kleine Boote anlegen. Häfen wie diese sind selten geworden in Italien und gibt es heute z. B. noch in Genua (Ligurien), La Spezia (Ligurien) oder Ancona (Marken).

Auf österreichischen Pfaden wandelt man in Muggia übrigens auch ein wenig: 1815 fiel Muggia an Österreich und blieb bis 1919 in dessen Besitz. Die Werftindustrie blühte hier damals auf, 1857/1858 wurde in Muggia die Stabilimento Tecnico Triestino gegründet, die größte Schiffswerft der österreichisch-ungarischen Monarchie, in der bis 1912 Kriegsschiffe der k.u.k.-Kriegsmarine gebaut wurden. 1919 fiel Muggia an Italien und der Schiffsbau geriet in den nächsten Jahrzehnten, wie in so vielen anderen europäischen Häfen auch, in die Krise.

Ciao Mare, wie ich dich vermisst habe... Im großen Hafenbecken vor der Stadt schaukeln Jachten und Sportboote sanft vor sich hin. Das türkise Wasser kräuselt sich, jetzt auf ein Boot steigen und einfach die Küste entlang segeln. Tagträume. Aber nein, wir wollen jetzt eigentlich hinauf, ins alte Muggia, den von dort oben soll man einen großartigen Ausblick auf Triest und den Golf von Triest haben.

Mit dem Auto geht es also hinauf nach Muggia Vecchia, und ja, der Ausblick ist wirklich großartig. Ruhig ist es hier oben, wir sind ganz allein und setzen uns auf die Mauern der Aussichtsterrasse vor der Kirche Santuario di Santa Maria Assunta: Dann packen wir aus, was wir unten noch schnell in einem kleinen Supermarkt gekauft haben, ein wenig Prosciutto, Paradeiser, Brot, ein Stück Käse. Mit dem Ausblick hier oben schmeckt es gleich noch viel besser. Was für ein Ausblick über den Golf von Triest. Bei gutem Wetter kann man von hier aus das Kastell von Duino, das Schloss Miramare und die moderne Kirche Santuario a Maria Madre e Regina (Monte Grisa), die oberhalb von Triest liegt, ausmachen.

Aber noch einen Grund hatten wir um hier herauf zu kommen: Die kleine romanische Wallfahrtskirche Santuario di Santa Maria Assunta. Ende des 15. Jahrhunderts verlagerte sich das Leben der Bewohner:innen von Muggia Vecchia hinunter ans Meer und die kleine Kirche ist heute alles, was von der mittelalterlichen Siedlung Muggia Vecchia übrig geblieben ist – abgesehen von ein paar Mauerresten und Ruinen, die in der nahen Umgebung der Kirche ausgegraben wurden. Letztere kann man sich im „Parco Archeologico“, der mit Hinweisschildern ausgewiesen ist, ansehen.

Die Kirche Santa Maria Assunta wurde wohl im 12. Jahrhundert errichtet. Ein bisschen Zeit sollte man sich für die Besichtigung des dreischiffigen Innenraums nehmen, denn es gibt einiges zu sehen: So z. B. schöne Chorschranken aus langobardischer oder karolingischer Zeit mit schönen Ornamenten als auch zahlreiche beeindruckende, farbenfrohe Fresken des 12. und 13. Jahrhunderts mit zahlreichen Heiligen-Szenen. Bis heute ist die kleine Kirche auf dem Hügel oberhalb von Muggia eine beliebte Wallfahrtskirche.
(Muggia Vecchia erreicht man über mehrere Straßen, ausgeschildert mit Area Archeologica die Muggia Vecchia; zu Fuß erreicht man Muggia Vecchia ebenfalls, über die Salita Muggia Vecchia, westlich vom Ortszentrum.)

destination

Das kleine Küstenstädtchen Muggia (in der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien) hat rund 13.000 Einwohner:innen und liegt nur wenige Kilometer entfernt von der slowenischen Grenze. Erreichbar ist Muggia per Auto (z. B. von Triest aus in rund 20 Fahrminuten), per Bus (Linie 20 ab Triest) oder per Schiff (mit dem Delfino Verde, Anlegestelle Molo dei Bersaglieri, Infos dazu hier).