Schöne historische Fassaden mit Sgrafitti und Fresken, malerische Plätze,
die Moldau, die sich in Schlingen gemächlich durch das Altstadtzentrum windet – kein Wunder,
dass Krumau ein derart beliebtes Tourismus-Ziel geworden und damit zumeist leider auch gnadenlos überlaufen ist. Der richtige Zeitpunkt für einen Besuch will also gut gewählt sein. Gelingt das, dann allerdings steht einem zauberhaften Besuch in einer der schönsten Städte Südböhmens nichts mehr im Weg…
Krumau teilt sich sein Overtourism-Schicksal mit vielen anderen Städten. Haben aber Barcelona, Lissabon oder Amsterdam aufgrund ihrer Größe noch die minimale Chance, dass sich der Besucher:innen-Ansturm doch ein wenig verteilt in der Stadt, so ist Krumau den Tourist:innen aufgrund der Kleinteiligkeit der Altstadt wehrlos ausgeliefert. Krumau-Hallstatt-Salzburg lautet oft die Marschroute einschlägiger Tourenanbieter, die dann Busladungen von Menschen vor die Tore dieser Städte kippen. Möglichst schnell und effizient muss dann besichtigt werden, an den wichtigsten Stellen, und weiter geht’s. Was für eine Verschwendung, gerade in einer Stadt wie Krumau, der man, so ganz nebenbei gesagt, mit dieser Art des Tourismus so gar nicht gerecht wird.
Wer hierher kommt, sollte den Termin also sorgfältig wählen. Klar, im Sommer in einem der unzähligen Lokale direkt an der Moldau sitzen, das hat etwas. Aber man muss halt erst mal einen Platz finden, denn in den Sommermonaten geht Krumau über vor Besucher:innen. Und man muss gewillt sein sich die Altstadtgassen mit Unmengen von Menschen zu teilen, die sich da durchschieben. Es ist ein Tag Ende Februar, an dem wir dieses Mal Krumau besuchen, noch Winter, aber irgendwie doch auch schon ein wenig Frühling – und vor allem ein Tag, an dem die großen Parkplätze vor dem Krumauer Schloss noch fast ganz leer sind und man in den Gassen auch viele tschechische Stimmen hört…
Wo starten in Krumau, wenn man die Stadt zum ersten Mal besucht? Mein Tipp: Am besten im Schloss von Krumau, das sehr beeindruckend auf einem langestreckten Felsen liegt. Denn von hier oben aus kann mich sich wunderbar eine erste Orientierung über die kleine Stadt an der Moldau verschaffen. Besonders gut kann man dies von der Mantelbrücke des Schlosses, der Aussichtsterrasse kurz vor dem Schlossgarten oder vom Schlossturm aus machen. Denn dann liegen einem Altstadt und Moldau-Schleifen, die durch das historische Zentrum mäandern, perfekt zu Füssen.
Apropos Schloss, dies ist eine der Haupt-Attraktionen in Krumau. 1240 errichtet, wechselte sie mehrmals die Besitzer und gehörte so u. a. den Rosenbergs, Eggenbergs und zuletzt Schwarzenbergs, den drei großen Adelsgeschlechtern Südböhmens. Und wie das so ist bei wechselnden Besitzern, wurde immer wieder umgebaut, angebaut und auch neu gebaut. Was die Besucher:innen heute zu sehen bekommen, herrschaftlich über der 13.000-Einwohner:innen-Stadt thronend, ist die – nach Prag – zweitgrößte Burganlage Böhmens. Ein paar Zahlen, die beeindrucken: An die 7 ha groß ist das Schlossareal, mit 40 Gebäuden und fünf Schlosshöfen. Irgendwie auch keine Überraschung, dass dieses beeindruckende (gesamte) Areal 1992 auf die UNESCO-Welterbe-Liste aufgenommen wurde (nachdem dieses bereits 1989 zum nationalen Kulturdenkmal erklärt worden war).
Das Schloss blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück – auch unter den Schwarzenbergs, die um 1870 ins nahe Schloss Hluboká nad Vltavou (dt.: Frauenberg) umgezogen waren. Fürstliche Residenz war das Schloss in Krumau damit keine mehr, aber es blieb natürlich in der Familie. 1939 wurden die Schwarzenbergs von den deutschen Besatzern enteignet, nach dem 2. Weltkrieg erhielten sie es zurück, um kurz danach, nach dem Februarumsturz 1948, abermals enteignet zu werden, dieses Mal von den Kommunisten. Und dabei blieb es dann auch, denn Karel Schwarzenberg, ehemals auch tschechischer Außenminister, hat dies nie rechtlich angefochten.
Aber zurück ins heute: Angesichts der Fülle dessen, was es hier in den zahlreichen, im Stil der Renaissance bzw. des Barocks gestalteten Räumen an Kunstgegenständen wie Malerei oder Tapisserien zu sehen gibt, werden auch unterschiedliche Schlosstouren angeboten (und zwar von April bis Oktober).
Tipp! Es lohnt sich die Basic Tour 1 auszuwählen, bei der man u. a. den Maskensaal, Mitte des 18. Jahrhunderts ausgemalt mit illusionistischen Malereien (Szenen aus der Commedia dell`Arte), zu sehen bekommt. Ebenfalls besonders sehenswert die Rokoko-Kapelle. Tour 2 legt den Fokus auf die Geschichte der Familie Schwarzenberg und startet in der Schwarzenberg`schen Porträtgalerie – perfekt für den 2. Krumau-Besuch.
Wer über die Mantelbrücke spaziert und diese noch nicht von unten gesehen hat (da vermutlich durch das rote Tor auf das Schlossgelände gekommen) ahnt gar nicht wie spektakulär diese eigentlich ist: Man bewegt sich da vom 4. Schlosshof aus über eine aufwendig gestaltete Arkadenkonstruktion aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts hinüber Richtung Schlossgarten und Schlosstheater. Diese Kluft, die man da überquert, zwischen der Oberen Burg und dem 5. Schlosshof, wurde übrigens im Mittelalter künstlich geschaffen. Die Brücke ist sogar auf drei Etagen begehbar: Denn oberhalb jener Etage zwischen Schlosshof 4 und Schlosshof 5, über die man kostenlos gehen kann, befinden sich noch zwei weitere, allerdings geschlossene Gänge. Der untere der beiden Verbindungsgänge verbindet den Maskensaal im Schloss mit dem Barocktheater.
Apropos, wenn man die Möglichkeit hat dieses barocke Schlosstheater zu besichtigen, dann sollte man dies unbedingt tun (aber Achtung, nur zu sehen im Rahmen einer Führung und man sollte unbedingt vorab ein Ticket dafür buchen! https://www.zamek-ceskykrumlov.cz/en/plan-your-visit/tours), denn das Barock-Theater ist ein absolutes Highlight. 1765/66 entstanden, ist es heute eines der ältesten und am besten erhaltenen Barocktheater weltweit. Ich erinnere mich gut, wie fasziniert ich bei meinem ersten Krumau-Besuch war, als wir das Theater besichtigten – was für eine großartige Atmosphäre in diesem Raum früher geherrscht haben muss, das spürt man auch heute noch. Für Theaterbegeisterte also ein Must bei einem Krumau-Besuch! (Einen besonderen Eindruck davon kann man sich auch im Rahmen der alljährlichen im Juni (beim Barockfest) stattfindenden Aufführungen machen.)
Und wer schon mal hier ist, der kann auch gleich einen Abstecher in den schönen Schlossgarten machen. 11 ha groß ist der Rokokogarten und naturgemäß im Frühling/Sommer besonders schön. Aber auch im Herbst lohnt es sich den Garten mit dem schönen Kaskadenbrunnen und dem hübschen Lustschlösschen zu besuchen. Wem nach einer Pause zumute ist: In der Winterreitschule befindet sich ein hübsches Terrassencafé.
Nun ist es aber Zeit in das Stadtzentrum hinunter zu spazieren: Noch einmal geht es durch die mit auffälligen Fassaden gestalteten Innenhöfe. Hier hat man auch noch mal einen schönen Blick auf den Schlossturm, der sich im ältesten Teil des Burgkomplexes, der sogenannten kleinen Burg, befindet. Wer den bunt gestalteten Turm, der wohl das bekannteste Wahrzeichen Krumaus ist, für einen tollen Ausblick besteigen will: Der Zugang befindet sich in Hof 2. Was sich ebenfalls hier befindet: Das Burgmuseum.
Über die Brücke über den Burggraben und damit die darin befindlichen Bären hinweg, die hier seit dem 16. Jahrhundert gehalten werden (was ich persönlich heute ziemlich unnötig finde, zumal es für Bären sicherlich eine geeignetere Umgebung gibt), geht es dann Richtung Altstadt hinunter. Wer sich im ersten Schlosshof nach dem Burggraben und dem Turm bald mal scharf rechts hält, kommt hier über Treppen und die Baderbrücke (die allerdings bei unserem Besuch im Februar 2024 gerade gesperrt war wegen Renovierung) hinunter in die Altstadtgassen des Latrán-Viertels. Einen weiteren Bären gibt es hier übrigens auch zu sehen, allerdings lugt er nur aus einem Fassaden-Fenster heraus...
Wir wählen dieses Mal den Weg durch das Rote Tor. Wer sich nach dem Tor gleich links hält, gelangt zum hübschen Budweiser Tor (erbaut 1602), dem jüngsten und zugleich dem einzigen Stadttor, das von insgesamt neun Stadttoren erhalten geblieben ist.
Einen Blick sollte man auf den großen Triumphbogen werfen, der die Latrán-Gasse (nahe dem Roten Tor) überspannt: In dessen Inneren befindet sich ein Gang, der die Innenräume des Schlosses mit dem hier unten, im Latrán-Viertel gelegenen ehemaligen Minoritenkloster (das heute dem Kreuzritterorden vom Roten Stern gehört) verbindet. Ebenfalls im Blick haben sollte man die schönen Hausfassaden aus der Gotik bzw. Spätrenaissance, die sich hier in der Latrán-Gasse aneinanderreihen.
Und dann geht es auf der Baderbrücke über die Moldau und durch die Rathausgasse (Radniční ulice) direkt hinauf zum quadratisch angelegten Marktplatz (náměstí Svornosti), mit seinem Brunnen mit einer barocken Pestsäule. 1680-1682 hatte in der Stadt die Pest gewütet, Fürstin Marie Ernestine von Schwarzenberg ließ die Pestsäule (allerdings erst rund 30 Jahre später) als Zeichen des Danks dafür, dass die Stadt diese Heimsuchung überstanden hat, errichten. Nicht zu übersehen auch das Rathaus, das einst aus zwei Gebäuden bestanden hatte, die sich allerdings seit Ende des 16. Jahrhunderts eine gemeinsame Fassade teilen. Auch hier findet man die Wappen der bekannten Fürstenhäuser Eggenberg und Schwarzenberg, sowie das Wappen des Böhmischen Königsreichs sowie der Stadt Krumau.
Weiter geht es für uns, durch die Kirchgasse, hinauf zur St. Veits-Kirche. Beeindruckend und sehr exponiert thront sie da oben am Ende der Kirchgasse, quasi auf einem Höhenrücken – besonders schön sieht man das auch vom südlichen Stadtteil aus, wenn man am Eingang zum Stadtpark steht und von dort über die Moldau und das Wehr hinauf zur Kirche und dem hohen, neugotischen Turm blickt. Die dem heiligen Veit geweihte Pfarrkirche wurde im 14. Jahrhundert im gotischen Stil errichtet, in den folgenden Jahrhunderten wurde sie jedoch noch einige Male erweitert bzw. umgestaltet. Besonders schön im Inneren der dreischiffigen Kirche ist das Netzrippengewölbe. Und auch hier findet man Spuren berühmter Krumauer Adelsgeschlechter: So ist hier z. B. Wilhelm von Rosenberg begraben.
Sehenswert auch die Kapelle des Heiligen Johannes Nepomuk: Sie wurde von Adam Franz zu Schwarzenberg und seiner Frau Eleonore von Schwarzenberg gestiftet, als Dank für die Geburt ihres Sohnes (und einzigen männlichen Nachkommens) Joseph. Und ja, es klingt durchaus etwas makaber, auch wenn diese Art der „getrennten Bestattung“ in der Vergangenheit durchaus üblich war, vor allem bei verstorbenen Geistlichen und Adeligen bzw. Monarchen, aber auch Künstlern und Literaten: Nur zehn bzw. knapp 20 Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Joseph wurden die Herzen des Gründerpaares (und die einiger weiterer Schwarzenbergs) in speziellen Hüllen in einer Nische dieser Kapelle bestattet.
Hier geht es weiter mit dem Spaziergang durch Krumau...
Noch mehr Foto-Impressionen gibt es hier.
Der guten Ordnung halber erwähnt: Dies ist ein unbeauftragter und unbezahlter Beitrag – und eine persönliche Reise-Empfehlung von Herzen.
gut schlafen
Da wir familiäre Wurzeln im oberösterreichischen Mühlviertel haben, ist Krumau nur einen Katzensprung entfernt – und es blieb daher bisher immer bei einem Tagesausflug ins südböhmische Krumau. Aber irgendwann möchte ich dort auch über Nacht bleiben und dann nächtens durch die stillen Gassen streifen, wenn die zahlreichen Tagestouristi:nnen die Stadt längst wieder verlassen haben. Passende Hotels hätte ich dafür schon im Auge, denn die Auswahl an schönen Unterkünften ist mittlerweile recht groß:
Pension Kristian: Beim letzten Besuch daran vorbeigelaufen und gleich im Internet gecheckt. Resultat: zentral gelegen, schön renoviert und stylisch eingerichtet. Das könnte etwas werden mit uns...
Auch das Monastery Garden könnte mich überzeugen: Nicht von der Stange eingerichtet, farbenfroh und was mir sofort ins Auge springt: tolle Fliesen! Außerdem zentral gelegen und ein Cafè gehört auch dazu.
Im schönen Latrán-Viertel gelegen, modern, stylish. Und das eine Zimmer mit dem Rad an der Wand wäre wohl der Favorit meines Mannes: Pension Mono (Adults only).
Zentraler geht nicht, denn dieses Haus liegt direkt am Marktplatz im Altstadtzentrum: modern und mit angeschlossener Gastronomie, das Hotel Oldinn.
gut essen & trinken
Mein Cafè-Favorit in Krumau: Das Kolektiv cafe bistro & wine bar im hübschen Latrán-Viertel. In gemütlicher Wohnzimmer-Atmosphäre und bei sehr guten Kuchen, Torten und anderen Kleinigkeiten kann man hier die Menschen beim vorbeiflanieren beobachten und seine Füße mental auf die nächsten 20 Besichtigungskilometer vorbereiten… (Kolektiv, Latrán 13). Richtig gut frühstücken soll man hier übrigens auch.