• Ligurien: It´s amore... (I)
    Von Levanto bis Riomaggiore...

Wir mieteten uns ein kleines Häuschen oberhalb von Levanto, einsam gelegen zwischen ungewöhnlichen Palmen
und wuchernden Feuerlilien. Abends saßen wir dann auf unserer Terrasse und sahen der Sonne zu, wie sie am gegenüberliegenden Berghang hinab rollte, ihren roten Schatten vorausschickte und dann
gemächlich ins ligurische Meer rutschte...

Es gab eigentlich wenige Gründe, diesen schönen Platz in den Hügeln oberhalb von Levanto, an der ligurischen Küste gelegen, zu verlassen. Und dennoch taten wir es immer wieder. Um unten am Meer in Tellaro unter italienischen Großfamilien am Stadtstrand fröhliche Badetage zu erleben oder über die kurvigen Küstenstraßen ins nördlich gelegenere Santa Margherita Ligure, Portofino oder Genua zu fahren, oder weiter südlich nach Portovenere, La Spezia oder Lerici und Tellaro. Oder um zu möglichst früher Stunde los zu marschieren und die Wanderwege in den benachbarten Cinque Terre zu erkunden, die einen atemberaubenden Blick auf das Meer, die Küstenlandschaften und eben die "fünf Dörfer" bieten. Oder um abends in einer kleinen Trattoria köstlich zu essen. Wenn wir uns dann spätabends angegessen aber glücklich die kurvige Bergstraße zu unserem Häuschen wieder hinaufschleppten und uns durch die Macchia-ähnliche Flora des Gartens zu unserem Zuhause auf Zeit durchkämpften, empfingen uns dort Millionen von Glühwürmchen, die uns neugierig umschwirrten. Und ich scheue mich nicht dafür das Wort "magisch" zu verwenden.

Frühmorgens beobachteten wir immer einen älteren schlanken Herrn, mit silbergrauem Haar, der seinen Hund spazieren führte. Der sieht aus wie Armani, raunte ich dann meinem Mann zu. Vielleicht hat er hier ein Haus? Ich könnte es verstehen… Die Vermutung blieb unwiderlegt, bis wir ihm eines Tages auf der Straße begegneten. Hallo, wohnen Sie auch hier heroben, rief er uns in schönstem Wienerisch zu und lachte uns an. Ich habe Ihr Auto mit dem Wiener Kennzeichen gesehen! „Armani“ war also Pensionist aus Wien und verbrachte hier immer gleich ein paar Monate, vom Frühling bis zum Herbst, herrlich, in mir stieg ein klitzekleines Gefühl des Neids auf. Ihr Haus kenne ich auch, erzählte er, das hatte ich früher gemietet, jetzt habe ich eines, das ein bisschen unterhalb von Ihrem liegt, auch sehr schön. Von diesem Tag an grüßten wir uns herzlich, wenn wir uns sahen, ich hatte ihm schnell verziehen, dass er nicht Armani war.

Mit 18 war ich das erste Mal an der Ligurischen Küste gelandet und ich kann mich auch heute noch daran erinnern, dass mir der Mund recht offenstand, als ich von einer Parkbucht an der Bergstraße einen ersten Blick auf die Küstenlandschaft da unten werfen konnte. Unendliche grüne Hänge, die an ihren Ausläufern in ein glitzerndes, kobaltblaues Meer glitten. Sattes Grün und tiefes Blau soweit meine Augen reichten. Und da ahnte ich noch gar nicht wieviel mehr an Schönheit da unten noch auf mich warten sollte.

Apropos Berghänge, Ligurien wird fast ausschließlich von Hügel- und Bergland dominiert, ein schmaler Streifen Land, der sich vom Ventimiglia an der französischen Grenze bis zur Toskana hinunterzieht, rund 300 Kilometer lang, manchmal nicht mehr als fünf Kilometer breit. Überall ragen zumeist steile Hänge auf, mal direkt am Meer, meist südlich von Genua, mal ein paar Kilometer davon entfernt, wie an der italienischen Riviera zwischen der Grenze zu Frankreich und Genua. Und während Levanto noch direkt am Meer in einer Bucht liegt, wird es gegen Süden dann sehr schnell richtig schroff und steil – und wunderschön. Und wer die Cinque Terre, die fünf Dörfer, die da an den Felsen kleben, näher kennenlernt, den wundert es auch nicht, dass sie lange nur über Maultierpfade oder eben über das Meer erreichbar waren.

Bekannter Geheimtipp
Ein Besuch in Ligurien war mir dann jedenfalls nicht genug, ich kam immer wieder hierher in den folgenden Jahren. Geheimtipp war es übrigens auch damals schon lange keiner mehr, vermutlich eher einer der bekanntesten italienischen Geheimtipps überhaupt. Als ich mehr als zehn Jahre nach meinem ersten Aufenthalt in Monterosso al Mare zurückkehrte in die Cinque Terre, erschrak ich fast ein wenig: Denn in der Zwischenzeit hatten sogar schon amerikanische Touristen die kleinen Orte an der sogenannten Riviera di Levante entdeckt und bevölkerten die Trattorien in den schmalen Altstadtgassen der Cinque Terre – mit einer starken Präferenz für Monterosso al Mare, denn dieser Ort überzeugt mit einem relativ großen Sandstrand, und für Vernazza, dem vermutlich fotogensten der fünf Orte.

Ein wenig abseits des Trubels sein Lager aufzuschlagen war damals also unser Plan und in Levanto gelang das gut. Oben auf dem Hügel unser kleines Haus, unten das Meer und das pralle Leben, oben die Stille und jeden Abend aufs Neue ein berauschender Sonnenuntergang und danach ein Bad in Millionen von Glühwürmchen. Letzteres habe ich so übrigens nie wieder erlebt, leider. Und bevor die Frage auftaucht, nein, ich weiß leider nicht mehr über wen wir das Haus gemietet hatten, nur soviel: Es war eine Engländerin, deren Vater das Haus schon erworben hatte und im steil abfallenden Garten in vermutlich mühseliger Arbeit unterschiedlichste seltene Palmen und andere Pflanzen angesiedelt hatte. Sprichwörtlich ein kleines Paradies hatte er da oben geschaffen.

Levanto ist auch ein guter Ausgangspunkt für Expeditionen entlang der Küste – in den Norden wie in den Süden. Durchaus ein wenig kleinstädtisch ist dieser Ort und hat sich, abseits der Touristen, ein eigenes Leben bewahrt, mit vielen Trattorien und Restaurants und einem breiten Sandstrand, an dem das pralle italienische Leben zu finden ist. Zugegeben, mit dem Charme und der Schönheit der Cinque Terre-Dörfer kann Levanto nicht mithalten, aber dafür ist es auch weniger überfüllt. Im Süden der kleinen Stadt erhebt sich das Vorgebirge des Mesco, auch von hier kam man bereits seine Wanderung in die Cinque Terre starten und einen schönen Blick zurück auf Levanto genießen.

Vermutlich muss man die Cinque Terre-Dörfer aus allen Perspektiven gesehen haben – von den Wanderwegen aus, die sich mit unterschiedlichsten Etappen durch den  „Parco nazionale delle Cinque Terre“ ziehen und in die man nach Lust und Laune von allen fünf Orten aus einsteigen kann. Und von nirgendwo sonst hat man so unglaublich schöne Ausblicke auf die Orte, die da unten zwischen Himmel und Meer an den Felsen kleben. Oder vom Meer aus: Von Levanto, aber auch von La Spezia als auch Portovenere aus verkehren Schiffe zu den einzelnen Orten – angelegt wird in Monterosso al Mare, Vernazza, Manarola und Riomaggiore.

Weniger malerisch als die Schwesterdörfer ist Monterosso al Mare, das größte der fünf Dörfer, das dafür über einen breiten Sandstrand verfügt. Wer den neuen Stadtteil Fegina mit zahlreichen Hotels hinter sich lässt und den alten Ortskern besucht, der sollte der Chiesa San Giovanni Battista einen Besuch abstatten – das Streifenmuster erinnert mich immer ein wenig an den Dom von Siena (Toskana). Einen schönen Ausblick bietet das Kapuzinerkloster oberhalb des Dorfes, mit der Kirche San Francesco.

Nächste Station der Schifffahrt ist Vernazza, das wohl meistfotografierte Örtchen der fünf Dörfer. In einem schmalen Taleinschnitt drängen sich bunte Häuser, zum Meer hin öffnet sich der Ort mit einer kleinen Piazza – wer dem pittoresken Charme der kleinen Halbinsel, die von einem Burgturm überragt wird, nicht verfällt, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Wie malerisch Vernazza ist, mit seinen bunten Fassaden, der im Wind wehenden Wäsche und den kleinen Cafès, das hat  sich allerdings auch herumgesprochen und so ist Vernazza immer gut besucht, zu gut besucht für manchen. Wer genug Zeit im Gepäck hat, der sollte einen Abstecher in die Pfarrkirche des Ortes machen, Santa Margherita, direkt am Hafen.

Next Stopp: Corniglia. Allerdings nur ein visueller Stopp, denn Corniglia liegt als einziger Ort nicht direkt am Wasser und ist von der Bahnstation aus zu erreichen, über einen Treppenweg, der so manchen Touristen davon abhält, den kleinen Ort näher kennenzulernen. Wohl auch ein wenig ein Segen für den Ort. Wer sich jedoch die Mühe macht, wird auf einer Panoramaterrasse mit einem atemberaubenden Ausblick über die Cinque Terre belohnt.

In Manarola wird dann wieder angelegt, im Malerdorf, wie es auch genannt wird. Der Ort selbst sieht aus, als wäre er einem Gemälde entsprungen und vermutlich gibt es derer auch genug – denn Ende des 19. Jahrhunderts verbrachten hier Maler einer toskanischen Künstlergruppe viel Zeit und bannten den Ort und die Umgebung auf ihre Leinwände. Wer einen besonders schönen Blick auf den Ort sucht, der findet diesen am Friedhof oberhalb des kleinen Hafens. Und auch hier lohnt ein Abstecher in die Kirche San Lorenzo, die im oberen Ortsteil liegt. Wer nun nach Riomaggiore weiter will, der könnte zu Fuß weitergehen, über die Via dell´Amore, den vermutlich bekanntesten Spazierweg Italiens, nur 1,5 Kilometer lang, in den Fels gehauen, mit malerischen Aussichten. Zumindest theoretisch – denn ein massiver Bergrutsch hat diesen romantischen Weg verlegt, eine Wiedereröffnung war für 2020 angepeilt.

Auch Riomaggiore, das östlichste der fünf Dörfer, klebt malerisch an den Felsen: Steil geht bergauf geht es vom Hafen hinauf in den Ort, über die Hauptgasse, die einen Bach überdeckt (Rio Maggiore heißt ja nichts anderes als „großer Fluß“).

Und das ist übrigens auch eine Möglichkeit: Mit dem Schiff die Küste entlangfahren, aussteigen – und zurückwandern. Zumindest einen Teil der Strecke, zum Beispiel von Manarola nach Corniglia, und dort steigt man dann in die Bahn ein, um so an den Ausgangsort zurückzukehren. Die schmalen Pfade, die die fünf Dörfer verbinden, sind längst zur beliebten und weltweit bekannten Wanderdestination und definitiv zu einer der beliebtesten Wanderrouten Italiens geworden. Spätestens, seit 1997 der kleine Naturpark in den Cinque Terre und damit auch die fünf Orte zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurden. Und somit ist immer etwas los auf diesen Routen, aber auch auf den Wegen die nach Levanto oder Portovenere führen – was wohl auch daran liegt, dass diese Wanderrouten leicht zu bewältigen sind, auch für ungeübte Wanderer. Auf geeignetes Schuhwerk sollte man aber dennoch nicht vergessen, Flipflops sind hier neuerdings (unter Strafe) verboten – zuviele Touristenunfälle aufgrund ungeeigneter Schuhe hätten sich hier ereignet, hört man.

Um den Ansturm etwas einzudämmen, wurde auch ein „Wanderpass“ eingeführt und mittlerweile kann hier nur mehr wandern, wer dieses Tagesticket erworben hat. Wobei viele Strecken, so hört und liest man, immer wieder gesperrt sind, aufgrund von Steinschlägen, aus Sicherheitsgründen oder aufgrund von Wegsanierungen. All dies fehlt in meinen Erinnerungen, als ich zuletzt 2002 hier unterwegs war: Zu zweit waren wir hier unterwegs und blieben die meiste Zeit auch unter uns – nur ganz selten begegneten wir jemand. Die Wege, die wunderschönen Ausblicke, das Meer da unten, all das schien damals nur uns zu gehören. Und dann die Krönung der Wanderung: Unten in einem der Orte ins türkisblaue Meer hüpfen, untertauchen, sich von den Wellen treiben lassen. Danach sich auf einem der Felsen ausstrecken, die Sonne auf der Haut spüren und vergessen, dass dies nur ein geliehenes Glück auf Zeit ist…

Weiter geht es Richtung Portovenere, La Spezia, Lerici und Tellaro...

Unbeauftragte, unbezahlte Werbung.

destination

LIGURIEN – rund 300 Kilometer zieht sich die italienische Riviera von der französischen Grenze (bei Ventimiglia) bis hinunter zur Toskana hin. Zumeist nur ein relativ schmaler Streifen Land an der Küste, die Grenze zur Nachbarregion verläuft meistens nur maximal 30 Kilometer hinter der Küste. Aber: Reichlich landschaftliche Schönheit versammelt sich auf diesem schmalen Stück Land, das im Westen an Frankreich grenzt, im Norden an das Piemont, an die Emilia-Romagna im Nordosten und an die Toskana im Südosten. Auch interessant: Ligurien wird von Hügeln und Bergen dominiert, nur 3 Prozent der Region bestehen aus Ebenen. Die Küste gliedert sich in zwei Abschnitte: Die sogenannte Riviera di Ponente erstreckt sich zwischen der französischen Grenze und Genua, von Genua bis zur Toskana die Riviera di Levante.

Mittlerweile ist Ligurien eines der beliebtesten Reiseziele Italiens, was sich auch in den Touristenzahlen niederschlägt. Wer diese Region also in Ruhe kennenlernen will, der sollte am besten in der Nebensaison, also entweder im Frühling/Frühsommer oder dann im Spätsommer/Herbst hierherkommen. Das milde Klima, das dem am Golf von Neapel ähnelt, macht dies möglich, selbst im Oktober sind hier noch angenehme 20 Grad an der Tagesordnung. Die Badesaison beginnt im Mai und endet mit ein wenig Glück erst Ende Oktober. Und wer die Cinque Terre wandernd entdecken möchte, der sollte dies eher unter der Woche als an den Wochenenden tun. Bahn- und Flugreisende erreichen Ligurien am besten via Genua.

gut schlafen

Noch nicht selbst ausprobiert, aber diese Hotels & Apartments stünden bei mir bei einer weiteren Ligurien-Reise ganz oben auf der Liste:

Levanto: Im historischen Zentrum von Levanto, nicht weit vom Meer entfernt, liegt das Hotel Palazzo Vannoni, in einem Adelspalast des frühen 17. Jahrhunderts. Und wenn schon in einem Palazzo übernachten, dann hätte ich gerne auch eine Junior Suite mit Fresken an der Decke.

Ein wenig abseits der Küste gelegen, nahe Levanto, aber dennoch mein absoluter Favorit – das La Sosta di Ottone III in dem kleinen mittelalterlichen Dörfchen Chiesanuova. Ein Boutiquehotel mit sechs Zimmern in Weiß- und Pastelltönen, simpel mit rustikalem Mobiliar ausgestattet, aber zugleich mit soooo viel Stil eingerichtet. Und dieser Ausblick über die ligurischen Hügel hinunter bis zum Meer. Seufz….

Eine offensichtlich ganz besondere Liebesgeschichte steckt hinter der Villa Valentina in Levanto: Amerikanerin kommt in die Cinque Terre, verliebt sich in einen Fischer, der diesen Beruf in bereits 10. Familien-Generation ausübt. Heute vermieten Paula und Angelo Zimmer in ihrer romantischen Villa Valentina…

Portofino: Ist ein Hotelaufenthalt in Portofino erschwinglich? Ja, aber günstig ist eben anders. Wenn schon, denn schon: ich würde vermutlich im Piccolo Portofino meine Zelte aufschlagen, zumindest für ein bis zwei Nächte. Wer die große Geldbörse eingesteckt hat, muss natürlich im mondänen Belmond Splendido einchecken.

Santa Margherita Ligure: Wer es nicht so mit dem Jet Set-Aufkommen in Portofino hat, der wäre vermutlich im benachbarten Santa Margherita im Hotel Blu di Te gut aufgehoben – ich vermutlich auch: Welcher Blauton „BludiTe“ denn nun wirklich ist und was es damit auf sich hat, das würde ich doch glatt gerne herausfinden…

La Spezia: Ich erinnere mich nur mehr dunkel am meinen ersten Hotelaufenthalt in La Spezia vor vielen, vielen Jahren – irgendein Haus einer großen Kette, keiner Wiederholung wert. Und würde auch hier etwas Neues ausprobieren. Gefallen würde mir vermutlich The Poet Hotel. Und wenn kein Hotel, dann würde ich im La Spezia by the First – Luxury Rooms & Suites ankern, zu finden auf allen gängigen Hotel-Portalen.

Lerici: Hier hätte es mir der Ausblick angetan: Im Doria Park Hotel hätte ich den Golfo dei Poeti vermutlich bestens im Blick.