• Tutto Napoli – Der Geschmack der Stadt
    Ein Koch-, Foto- und Reisebuch

April 2022

„Tutto Napoli – Der Geschmack der Stadt“ – was dieses Buch mit einem macht? Sehnsucht. Nach Sonne, Wärme, Meer. Nach knatternden Mofas und Lebenslust. Nach diesem Gefühl, das einem nur Italien schenkt. (Zumindest mir). Nach Neapel. Und was es definitiv auch verursacht: Hunger! Ein Koch-, Foto- und Reisebuch für alle, die Neapel bereits lieben oder die spannende Stadt am Golf von Neapel auch kennenlernen wollen…
Eine Buchrezension.

Alle drei kennen Neapel richtig gut: Maria Fuchs, Herausgeberin des Buchs und oft „Mutter des Wiener Pizzeriabooms“ genannt – sie hat zuerst ihre berühmte Wiener Pizzeria Mari` gegründet, danach noch eine weitere Pizzeria, eine Aperitivobar und einen italienischen Feinkostladen aufgesperrt. Journalist Tobias Müller, der kocht, isst und schreibt, u. a. für die österreichische Tageszeitung Der Standard, das Süddeutsche Zeitung Magazin, Die Zeit oder den Guardian. Und Fotograf Peter M. Mayr, der neben vielem anderem auch bereits für mehrere Kochbücher fotografiert hat. Während Maria Fuchs in Neapel studiert hat, wollte Tobias Müller nur für eine Woche nach Neapel fahren und ist dann fast drei Jahre geblieben – so kann es spielen im Leben, hätte meine Großmutter zweiteres trocken kommentiert. Auch Peter M. Mayr hat in Neapel schon öfter seine Kamera ausgepackt. Grund genug gemeinsam ein Buch über Neapel zu machen? Allemal! Und die restlichen Gründe liefert dann auch schon Neapel selbst: Denn Neapel ist für die drei die letzte Stadt Europas aus der alten Welt – wild und anarchisch, dicht, laut und geheimnisvoll. Und auch dabei sind sie sich einig: Neapel ist nie lau, balanciert, ausgeglichen – und nie fad, würde ich noch hinzufügen. Denn genauso habe ich Neapel kennengelernt: Als Stadt großer Unterschiede. Meine Theorie: Man mag es – und fährt wieder hin, so wie auch ich, oder eben nicht. Und ja, auch diesen Satz der drei Neapel-Experten unterschreibe ich: Neapel ist irgendwie immer extrem – prächtig und zugleich verfallen und für alle, die hier länger Zeit verbringen oder leben, mühsam oder herrlich einfach.

In Stadt, Land, Meer, Leute ist das Buch gegliedert – und die Geschichten dazu werden mit Fotos, Texten und Rezepten erzählt. Erzählt wird  von Mamas und Nonnas, Sardinen-Vergärern, Artischockengrillern, Oktopus- und Kuttelköchen, Pizza-Frittiererinnen, Pasta-Trocknern, Tomatenbauern und Muschelmännern. Und man verlässt Neapel auch und reist an die Hänge des Vesuvs und die Steilküste Amalfis. Ich mag das. Denn: Reine Kochbücher sind meine Sache nicht. Ich mag es, wenn man mir mehr erzählt, über die Menschen, ihr Leben und warum sie so essen, wie sie eben essen. Und das macht „Tutto Napoli“ richtig gut – das übrigens ein ungeschöntes Bild von Neapel zeigt. Da wird nichts behübscht, was nicht hübsch genug sein könnte für ein Kochbuch, nichts authentischer gemacht, als es ohnehin ist. Und Authentizität findet man in Neapel reichlich. Was man mögen muss. Das „Tutto Napoli“-Team mag das offensichtlich.

Peter M. Mayr – der, Achtung „Transparenz-Passage“, übrigens ein lieber, ehemaliger Coworking-Büro-Kollege von mir ist und dessen Fotos ich schon seit langem mag – wirft hier einen Blick hinter die Kulissen der Stadt. Von sich selbst sagt er, dass er lieber aus der Hüfte fotografiert als durch den Sucher, denn so kann er Momente festhalten, die den meisten anderen entgehen. Und das ist ihm, finde ich, in diesem Buch großartig gelungen. Was mir besonders gefällt: Er hat ganz viel Lebensfreude eingefangen, die Italiener eben so an den Tag legen, auch unter schwierigen Umständen, wie es sie auch in Neapel zuhauf gibt. Er zeigt in insgesamt 360 Fotos ein ungeschöntes Gesamtbild von Neapel. So wie Neapel eben ist. Und auch isst…

Damit sind wir bei den Rezepten, 32 sind es an der Zahl. Weniger als in so manchem anderen „Kochbuch“ – aber wie gesagt, das Buch hier will und kann mehr. Nach welchen Kriterien diese Rezepte ausgewählt wurden, auch das gefällt mir – denn eines haben sie alle gemeinsam, sie müssen insgesamt vier Kriterien entsprechen. So müssen die Rezepte ihren Nachmachern neue Techniken beibringen, die tatsächlich einen Unterschied beim Kochen machen oder auch mit nicht ganz perfekten Zutaten gut machbar sein. Zweiteres ein besonders gutes Argument: Denn wo in Wien bekommt man Paradeiser, die so nach Sonne, Frucht, einfach nach mehr schmecken, wie im Süden Italiens. Ich als Paradeiser-Afficionada arbeite immer noch daran, hierzulande so etwas zu finden und manchmal gelingt es ansatzweise, wirklich nur ansatzweise, im sonnenintensivsten windgeschützten Winkerl unseres Waldviertler Innenhof-Gartens. Eine weitere Bedingung für die Aufnahme ins Buch: Die Rezepte sind so grundlegend für Neapels Esskultur, dass man sie einfach nicht weglassen kann. Und damit geht ein wenig auch Kriterium Nr. 4 einher: Das Rezept ist historisch oder kulinarisch interessant – wie z.B. Sanguinaccio, eine süße Schoko-Blutcreme oder Pastiera, ein Kuchen wie ein Orangenhain.

Und jetzt mal ganz ehrlich: Wie oft haben wir uns eigentlich schon gefragt, warum das, was wir in der Ferne gegessen haben und zu Hause akribisch nachkochen, in der Ferne dann letztlich doch viel besser geschmeckt hat? Oft. Genau. Auch da wollen uns die Tutto Napoli-Macher nichts vormachen: Denn auch ihrer Meinung nach hat richtig gutes Essen immer nur begrenzt mit Essen und im Gegenzug viel mehr mit allem Drumherum zu tun – „mit der Freude, mit Menschen zu essen, die sichtlich viel Freude am Essen haben, oder schlicht mit dem atemberaubenden Ort, von denen es hier so viele gibt“.

Den Produkten eine Bühne geben...
Aber, die Napoli-Experten haben auch eine gute Nachricht für uns: „Auf eine andere Weise lässt sich die neapolitanische Küche ganz wunderbar von Neapel trennen. Wenn Sie neapolitanisch (oder italienisch) kochen wollen – oder das kopieren wollen, was daran gut ist, dann ist es nämlich gar nicht so wichtig, was und wie Sie kochen. Die Kunst des neapolitanischen Kochens besteht darin, den Produkten eine Bühne zu bieten, sie leuchten zu lassen, sich möglichst wenig einzu- mischen, und sie dann in einer Atmosphäre zu servieren, die es allen erlaubt, sie zu genießen. Das ist nicht an bestimmte Rezepte, Zutaten oder einen geographischen Ort gebunden. Es funktioniert im Ruhrpott genauso wie in Positano, es geht mit Kohl und Kraut und Schwein genauso gut wie mit Fisch, Muscheln, Zitronen und Olivenöl. Für diesen Teil sind viele der anderen Texte in diesem Buch da. Wir hoffen, dass sie Ihnen mindestens so sehr beim Kochen helfen wie die Rezepte.“ Und was werde ich als erstes ausprobieren: Unbedingt das Ragù von Seite 84 – klingt umsoviel aufwändiger als meine übliche Zubereitungsart. Aber der Aufwand lohnt wahrscheinlich. Na ja, vermutlich sogar ganz sicher ...

Ich könnte noch viel über dieses Buch erzählen, das übrigens auch noch zahlreiche Restauranttipps und Einkaufsempfehlungen mitliefert. Aber eigentlich sollte man am besten selbst hineinschauen. Am besten gleich. Und dann unbedingt nach Neapel fahren. „Zugegeben, Neapel muss man sich verdienen. Es zahlt sich aber aus. Und wir wollen Ihnen dabei helfen“, steht da im Vorwort des Buches. Besser kann man`s eigentlich nicht auf den Punkt bringen …

 

TUTTO NAPOLI – Der Geschmack der Stadt
Ein Koch-, Foto- und Reisebuch

Erhältlich hier

 

Alle hier gezeigten Fotos stammen von Peter M. Mayr.

Wer Lust auf meine kleine Liebesgeschichte mit Neapel, Capri und der Amalfi-Küste hat, liest hier weiter: Neapel. Sehen und nicht sterben! I Amalfitana, du Schöne!

Unbeauftragte, unbezahlte Werbung.
Einfach nur, weil mein Herz für Italien, Neapel und gutes Essen schlägt.