• O(h)tranto! Oh Mare!
    Wiedersehen mit Apulien I Teil III

Juni 2019

Türkis, kristallklar und herrlich kühl – nicht weniger haben wir uns erwartet vom Meer an der Küste bei Otranto. Einer der schönsten Küstenabschnitte in Apulien soll dies sein und auch diese Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Aber Otranto kann noch mehr: Eine lebendige kleine Stadt mit guten Restaurants und einem Dom, der seinesgleichen sucht... Oh Mare! O(h)tranto!

Martina Franca, Alberobello, Ostuni und Matera in der benachbarten Basilikata – wunderschöne Städte, die wir in den letzten Tagen besichtigt haben. Aber nun sind wir bereit für das Meer, das wir bereits von Ostuni aus gesehen haben: Verführerisch türkis hat es dort zu uns herüber geleuchtet und genau das wollen wir jetzt aus nächster Nähe sehen. Also geht es von Ostuni vorbei an Brindisi und Lecce hinunter in den Süden Apuliens, an den Stiefelabsatz. Otranto ist die südöstlichste Stadt Italiens und nur ein paar Minuten außerhalb davon haben wir uns eine hübsche Masseria ausgesucht – und hier liegt uns das Meer fast zu Füßen, zumindest von unserer Dachterrasse aus. 

Strandtipp Nr. 1:
Die Baia dei Turchi liegt nur wenige Gehminuten von unserer Masseria entfernt. Ein wunderschöner Küstenabschnitt mit glasklarem Wasser, teilweise von schroffen Felsen umgeben. Durch einen kleinen Wald geht es an diesen Sandstrand, an dem man sowohl kostenfrei baden, als auch Liegen und Schirme mieten kann. (Wenn man auf der SP366 Richtung Alimini fährt, ist rechter Hand die Zufahrt zu einem Parkplatz für die Baia dei Turchi ausgewiesen; vom Parkplatz aus geht es dann zu Fuß durch einen kleinen Wald zum Strand.) Einen kleinen Kiosk mit Panini und Getränken gibt es hier auch, allerdings sollte man sich rechtzeitig mit Panini versorgen, denn diese sind beliebt und sogar in der Nebensaison recht schnell ausverkauft. Im Juni trifft man hier vor allem Italiener und Einheimische an – italienienisches Strandleben at its best. 

Strandtipp Nr. 2: Lido di Tropea

Tropea liegt zwar eigentlich in der benachbarten Region Kalabrien, aber der Lido di Tropea wartet nur ein paar Autominuten von unserer Masseria entfernt auf uns – und lockt uns mit einem längeren Strandabschnitt und bagni. 15 Euro zahlen wir hier für zwei Betten und einen Schirm (im Juni) und das ist gut investiertes Geld, denn auch die Juni-Sonne zeigt was sie kann. Zu Mittag gibt es dann eine Kleinigkeit im dazugehörigen Strandlokal und natürlich ein Gelato. Und nirgendwo sonst schläft es sich so entspannt, wie am Nachmittag auf einer Strandliege, mit dem Meeresrauschen im Ohr... Auch hier gilt: Juni ist Nebensaison und vor allem sind hier – unter ein paar versprengten holländischen Touristen – italienische Urlauber und Einheimische unterwegs. Wunderbar!

Lido di Tropea
Von Otranto auf der SSP366 Richtung Alimini. (Gebührenpflichtiges) Parken ist auf einem Parkplatz an der SSP366 möglich, dann überquert man die Straße und erreicht den Strand nach rund 10 Gehminuten. Zufahrt zum Strand direkt nicht möglich und das ist auch gut so.

Liebe auf den ersten Blick ist es nicht zwischen Otranto und mir und vielleicht liegt es auch daran, dass wir die Stadt abends kennenlernen: Da reiht sich ein grell beleuchtetes Geschäft an das andere am Corso Garibaldi, der sich durch die gesamte Altstadt zieht. Auf den zweiten Blick und bei Tageslicht sieht gleich alles ganz anders aus: Durch die mächtige Porta di Terra beim Torre Alfonsino geht es hinein in die Altstadt. Wunderschön renovierte Hausfassaden in hellem Sandstein, hübsche Boutiquen und Restaurants in den kleinen Seitengassen. Bei "Giaquinto" kann ich mich nicht sattsehen an den schönen Wohnaccessoires aus feinem Leinen und Baumwolle und schließlich werden mich ein paar davon nach Wien zurückbegleiten. Am liebsten würden wir auch gleich in einem der einladenden Lokale einkehren, aber zuerst zieht es uns zur Piazza Basilica mit der Kathedrale, denn über sie haben wir viel gelesen, vor allem über den berühmten Mosaik-Fußboden. 

Die Hauptattraktion der Kathedrale von Otranto, die im 11. Jahrhundert von den Normannen errichtet wurde und die größte romanische Kirche Apuliens ist, ist ausgerechnet auf deren Boden zu finden: Denn dieser ist fast zur Gänze mit einem aufwändigen Mosaik gestaltet und wurde aus unzähligen kleinen Kalksteinen gestaltet. Wieviele Steinchen genau hier ihren Platz fanden, darüber gehen die Zahlen auseinander, zwischen 600.000 und mehreren Millionen dürften es gewesen sein. Aber wie auch immer: Wie lange muss man dafür gebraucht haben, fragen wir uns, um den Boden in Mittelschiff, Querhaus und Apsis fast komplett auszufüllen? Der Legende nach hat dies ein einziger Mönch geschafft, ein Mann namens Pantaleone aus dem nahe gelegenen Kloster San Nicola di Casole und das in nur zwei Jahren.

Ein immer wiederkehrendes Motiv dieses Mosaikbodens ist der Welten- bzw. Lebensbaum. Der größte dieser drei Lebensbäume ist jener, den man gleicht sieht, sobald man den Dom betritt: Er wächst förmlich aus dem Rücken zweier Elefanten heraus und füllt fast das ganze Mittelschiff aus. Viele bekannte Geschichten und Personen sind hier ebenfalls zu finden: Der Turmbau zu Babel genauso wie der Bau der Arche Noah, die Geschichte von Kain und Abel, König Salomon wie auch die Königin von Saba. Dazu jede Menge Fabeltiere und viele glauben, dass sich der Schöpfer des Mosaiks, Pantaleone, hier auch selbst verewigt hat, als Mönch, der vor einem Einhorn kniet. Es ist als ob man hier ein überdimensionales Bilderbuch abschreiten würde: An die 700 Geschichten sollen in diesem mehr als beeindruckenden Kunstwerk miteinander verknüpft sein. Wir nehmen uns Zeit und dennoch hat man hier wohl nicht alles gesehen, wenn man die Kirche wieder verlässt...

Aber auch abseits des Mosaikbodens hat der Dom von Otranto kunsthistorisch einiges zu bieten. Ein wenig Zeit sollte man sich bereits außerhalb nehmen, denn an der Hauptfassade beeindrucken die Fensterrosette im gotischen Stil und das üppige barocke Portal. Eine kleine Reise in die Geschichte Otrantos kann man in der Apsis des rechten Seitenschiffs, in der Cappella dei Martiri unternehmen: 1480 überfielen die Türken die kleine Stadt, die damals große Bedeutung für die ganze Region hatte. 800 Einwohner Otrantos sollen damals enthauptet worden sein, da sich sich geweigert hatten ihren christlichen Glauben abzulegen. In der Cappella dei Martiri, die Ferdinand I. als Gedenkort für die Märtyrer errichten ließ, befinden sich deren Gebeine – aufeinander geschichtet, in großen Glasschränken. Ein wenig gruselig ist das, aber auch sehr beeindruckend. Unter dem Altar befindet sich der Richtblock, auf dem sie angeblich geköpft worden waren. Eine blutige Geschichte und irgendwie zieht es uns jetzt sehr nach draußen, an die Sonne, in die Wärme... aber zuvor statten wir noch der Krypta einen Besuch ab: Über eine Treppe geht es hinunter in die Unterkirche, zu einem regelrechten Säulenwald. Gerade weil der Raum so niedrig ist, wirken die 42 Säulen mit ihren Kapitellen in unterschiedlichen Stilrichtungen besonders dominant. Leider sind gerade besonders viele BesucherInnen in der Krypta, also los, hinaus an die frische Luft...

Bevor wir den Dom verlassen, lohnt sich aber noch ein intensiver Blick hinauf: Eine beeindruckende Kassettendecke ist hier zu sehen und das Licht, das durch die Fenster hereinfällt, betont die Schönheit dieser Decke noch mehr. Hier herinnen scheinen Boden und Decke um die Aufmerksamkeit der Besucherinnen geradezu zu konkurrieren. Bei mir haben sie beide gewonnen...

Meer, Strand und gutes Essen stehen bei uns in Otranto am Programm, sobald wir das kulturelle Programm abgehakt haben. Wobei Otranto auch ein guter Ausgangsort für weitere Ausflüge ist, zum Beispiel nach Santa Maria Leuca mit seinen hübschen Villen und der Wallfahrtskirche, ganz unten am südlichsten Zipfel Apuliens, oder nach Galatina im Landesinneren, das über eine sehenswerte Altstadt verfügt. Und nördlich von Otranto zwischen Torre del Serpe und Torre Sant`Emiliano wartet eine wunderschöne felsige Küste...

Aber für uns ist nun "Italienurlaub wie damals" angesagt für die restlichen Tage unserer Reise: Tagsüber faulenzen wir am Strand, werfen uns mit kindlicher Freude in das türkise Meer, entscheiden uns maximal zwischen Panino und Insalata Caprese zu Mittag und zelebrieren das Nachmittagseis. Denn was braucht es viel mehr für`s Urlaubsglück? Abends geht es dann in eines der zahlreichen Restaurants in Otranto, danach schließen wir uns der allabendlichen Passeggiata der Einheimischen auf der breiten Uferpromenade an, und ja, ein weiteres Eis geht auch immer. Und wenn uns die Sonne nicht zu müde gemacht hat, dann geht sogar noch ein Drink in der Bar Maestrale auf dem alten Kai der Stadt, direkt an der Bucht... ja ja, Otranto, blink du nur herüber zu uns mit deinen Lichtern, wir mögen dich eh. Und ja, der Abschied fällt uns auch von dir schwer....

destination

Otranto ist die südöstliche Stadt Italiens und nur rund 80 Meereskilometer von Albanien entfernt, immer wieder wird die Stadt auch als "Tor zum Orient" beschrieben. Bereits die alten Römer haben von hier Handel mit Kleinasien betrieben. Heute ist Otranto eine beliebte Urlaubsdestination am Stiefelabsatz Italiens, was vor allem den wunderschönen Stränden und Küstenabschnitten nördlich und südlich geschuldet ist. Wer Lust auf klassischen Badeurlaub hat, ist hier gut bedient, aber auch die Kultur kommt in diesem Landesteil Apuliens keineswegs zu kurz, ist man doch schnell in Lecce, der barocken Provinzhauptstadt, oder in anderen hübschen Städten wie Gallipolli oder Galatina. Ein Abstecher lohnt auch zur Wallfahrtskirche Santa Maria di Leuca am südlichsten Zipfel Apuliens.

gut essen & trinken

Gut essen in Otranto? Ja natürlich! Tipps dazu gibt es hier.