• 48 Stunden im Valle d`Itria
    Wiedersehen mit Apulien I Teil I

Juni 2019

Mit A wie Apulien nahm meine große Liebe zu Italien ihren Lauf, in den 80ern. Höchste Zeit, wieder an den Stiefelabsatz Italiens zurückzukehren und diese Liebe aufzufrischen. Und das war alles andere als schwierig: Nach abwechslungsreichen Tagen im idyllischen Valle d`Itria, das den südlichsten Teils Apulien, die Halbinsel Salento, abschließt, zog es uns in den südöstlichsten Winkel Italiens, nach Otranto – an das kristallklare, türkise Meer. Apulienliebe reloaded.

Sie waren fast ein wenig Trendsetter gewesen, meine Eltern, als sie uns in den 80ern einpackten und mit uns nach Apulien fuhren. Unberührte Natur, prächtige aber herabgekommene Barockstädte und menschenleere Strände warteten damals auf uns, und letzteres lag nicht nur daran, dass wir in der Nebensaison angereist waren. Apulien war damals großteils noch terra incognita, ein weißer Fleck auf der italienischen Tourismuslandkarte. Aber was ist daraus geworden? Konnte es sich etwas bewahren? Wir waren bereit es herauszufinden.

Nur eine Woche Zeit und wir wollen Apulien so gut wie möglich kennenlernen, darin liegt wohl die größte Herausforderung für diese Reise. Wofür sollten wir uns also entscheiden? Für die – im Vergleich zum restlichen Apulien – bergige Halbinsel Gargano und die vorgelagerten Isole Tremiti im Norden? Oder die Ebene Terra di Bari und die angrenzende Küste? Mit einer Stippvisite zum weltbekannten, von Stauferkaiser Friedrich II. erbauten Castel del Monte? Oder doch für den Süden, den Salento, mit seinen betörend schönen Küstenabschnitten? Und damit ist noch längst nicht alles genannt, was in Apulien einen Besuch wert ist.

Schließlich war es dann eine pragmatische Entscheidung, die wir trafen: Brindisi (und nicht Bari) war die für uns (von Wien aus) beste Flugverbindung und somit waren die Würfel auch schon gefallen. Zuerst ein paar Tage dort, wo der „Stiefelabsatz“ Italiens in etwa beginnt, im Valle d`Itria – und hier schlagen wir in Martina Franca unser Quartier auf. Die kleine, wohlhabende Stadt ist nicht nur eine Schönheit und stimmt mit ihren zahlreichen barocken Bauten bereits auf das Barockjuwel Lecce und den Salento ein, sondern ist auch die perfekte Ausgangsbasis für Ausflüge: Nach Alberobello, der Trulli-„Haupstadt“, in der rund 1.400 der kleinen, weißen, runden Steinhäuschen zu finden sind, die für diese Region so typisch sind. Aber auch nach Ostuni, der „città bianca“ (weiße Stadt), die sich einen Hügel hinaufwindet und von wo man einen wunderbaren Blick auf Küste und Meer hat. Und nicht zuletzt lässt sich von Martina Franca auch ein Abstecher in die benachbarte Basilikata machen, nach Matera, in jene Stadt, in der die Menschen über Jahrhunderte in Höhlenwohnungen lebten, die in den Fels geschlagen wurden, und die es spätestens mit dem Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2019“ zu Weltberühmtheit gebracht hat.

Danach sollte es dann aber doch auch noch ein wenig klassisches italienisches Strandvergnügen geben und das hofften wir im Salento nahe Otranto, der südöstlichsten Stadt Italiens, zu finden – und ja, gesucht, gefunden.

First stop: Martina Franca
Aber für`s erste geht es von Brindisi ins rund 50 Autominuten entfernt gelegene Martina Franca am Südrand des Valle d`Itria und so unkompliziert die Fahrt dorthin ist, so wenig erfolgreich sind wir dabei unsere Unterkunft für die nächsten Tage zu finden. Denn diese liegt in der Altstadt, einem engen Gewirr kleiner Gässchen, das wir schon erahnen, als wir noch rätselnd vor einem der Stadttore stehen – nein, hier wagen wir uns mit unserem Mietwagen definitiv nicht hinein, einmal falsch abgebogen und die Stadt verschluckt einen vermutlich und lässt einen nie wieder hinaus. Außerdem, so hatte uns unser Vermieter Martino vorab informiert, müssen wir das Auto ohnehin außerhalb der Altstadt parken. Also Plan B: Und damit steuern wir das von Martino genannte Park Hotel San Michele an, das außerhalb der Stadtmauern liegt und das unser Navi problemlos findet, außerdem können wir dort gratis parken. Setzt euch einfach in den Garten und nehmt einen Drink, ich hole euch da in einer halben Stunde ab, ok – ruft Martino vom Relais del Corso dann ins Telefon und dann ist er auch schon da und manövriert wenig später sein Auto gelassen durch das Altstadtgewirr. Niemals, aber auch wirklich niemals hätten wir unseren Weg gefunden durch dieses Labyrinth, sind wir uns einig und Martino lacht nur charmant, aber ja, das hättet ihr, und zwinkert dabei, bevor er unsere Koffer in die erste Etage des wunderbaren Relais del Corso wuchtet: Vom Balkon haben wir einen großartigen Blick auf die Piazza Plebiscito, mitten drinnen im geschäftigen Zentrum der Altstadt. Angekommen. Wir atmen tief durch und freuen uns Martina Franca kennenzulernen.

Es ist eine kleine, lebhafte, hübsche Stadt, stellen wir wenig später bei unserem ersten Spaziergang durch das Zentrum fest. Seit Philipp von Anjou ihr 1310 Steuerfreiheit und andere weitere Privilegien verliehen hatte, war sie ein wichtiges Handelszentrum in der Region – ihre Geschäftigkeit hat sich die Stadt jedenfalls bis heute bewahrt. 

Wer nicht, so wie wir in Martina Franca unweit der Piazza Plebiscito Quartier bezieht, startet seinen Rundgang durch die Stadt am besten an der großen Piazza XX Settembre, die gegen Abend zum lebhaften Treffpunkt für Jung und Alt wird, und betritt die Altstadt durch die beeindruckende Porta di Santo Stefano. Dahinter wartet gleich die Piazza Roma, mit Bäumen, Bänken, einem hübschen Brunnen – und heute mit vielen elegant gekleideten Menschen, die hier offensichtlich in Feierlaune auf ein Brautpaar warten. Dominiert wird der Platz vom mächtigen Palazzo Ducale (von den Herzögen Caracciolo 1688 errichtet), in dem sich heute die Stadtverwaltung befindet und in dessen Innenhof im Sommer Konzerte im Rahmen des Festival Valle d`Itria stattfinden. Mit ein wenig Glück kann man auch die prachtvoll ausgemalten Säle (Saal des Mythos, Saal Arkadiens, Bibelsaal) besichtigen.

Wir schlendern gemütlich die Via V. Emanuele entlang, weiter hinein in die Altstadt, an kleinen Boutiquen, Eisgeschäften und Restaurants vorbei und dann stehen wir auch schon vor der Kirche Collegiata San Martino (1775). Sie beherrscht die Piazza Duomo und wird abends zum Hauptdarsteller der Stadt, wenn die Abendsonne den Himmel über der üppigen barocken, sandfarbenen Fassade rosa färbt und das Rosa dann langsam in ein dunkles Blau übergeht und sich ganze Grüppchen von Menschen auf ihren Treppen einfinden. Nicht zu übersehen an der barocken Fassade: San Martino (hl. Martin), der seinen Mantel teilt. Im Kircheninneren präsentiert sich uns dann eine Variante des Barock, die typisch für Lecce und den Salento ist und die uns in dieser Woche immer wieder begegnen wird.

Nach all dem üppigen Barock im Centro Storico suchen wir noch den Gegensatz und finden diesen im Stadtviertel Cordonello, im Westen der Altstadt: Hier reiht sich ein weiß getünchtes Haus an das andere, mit üppigem Blumenschmuck und kunstvoll geschmiedeten gusseisernen Balkongittern, an denen oft „Pumi“ angebracht sind, eine Art Blütenknospe aus Keramik, die als wichtiger Glücksbringer gilt. In den unterschiedlichsten Formen und Farben kann man die Pumi da oben bewundern, aber egal wie ein Pumo im Detail gestaltet ist, alle Pumi sollen ihren Besitzern Glück, Wohlstand und – nach der antiken Tradition Apuliens – auch Fruchtbarkeit bringen. So werden diese gerüchteweise auch an den Seiten der Ehebetten junger Brautpaare angebracht… Für Wohlstand bin ich jedenfalls immer zu haben und so wanderten – sicher ist sicher – zwei kleine Pumi auch in mein Reisegepäck.

Wir spazieren jedenfalls lange in den ruhigen Mittagsstunden durch zahllose verwinkelte schmale Gässchen mit kleinen Treppchen, bewundern schier endlos wuchernde Bougainvillea und Zitronenbäumchen auf Balkonen, künstlerisch gestaltete Vogelkäfige ohne Vögel, die unter Hausdurchgängen baumeln und knallig bunte Haustüren – und über unseren Köpfen flattert die Wäsche im Wind. Und ja, man muss ziemlich aufpassen, da nicht plötzlich zu stolpern und der Länge nach da zu liegen, zumal man permanent das Bedürfnis hat den Kopf in den Nacken zu legen um da oben, an den Häuser-Fassaden, ja nichts zu verpassen.

Ein bisschen wie ein Dreieck liegt das fruchtbare Valle d`Itria zwischen den Küstenstädten Bari und Brindisi (Adria) und Taranto (ionisches Meer) und umfasst das Gebiet um Alberobello, Locorotondo und Martina Franca.  Wie schön dieses Tal ist, ahnen wir bereits, als wir von Brindisi nach Martina Franca fahren, auf unserem Weg nach Alberobello lernen wir es noch ein bisschen besser kennen. Hügelig ist dieses Gebiet, Mandel- und Olivenhaine reihen sich aneinander und kleine Eichenwälder und nicht umsonst wird hier auch eines der besten Olivenöle Italiens gepresst. Am Zettel für unseren nächsten Apulien-Trip steht übrigens ein Besuch eines Weinguts, denn im Valle d`Itria werden auch hervorragende Weíßweine produziert, darunter der Locorotondo DOC und der Martina Franca DOC. 

Nicht zu übersehen sind auch die für das Itria-Tal typischen Trockenmauern, die aus flachen Kalkplatten errichtet wurden, und sich wie steinerne Adern durch die ganze Region ziehen. Mohnblumen und Gräser wuchern großzügig entlang dieser Mauern, gelbe Getreidefelder leuchten dazwischen. Und dann die Trulli: Die kleinen weiß getünchten Häuser mit ihren spitzen Dächern komplettieren den Reiz dieses landschaftlich schönen Tals... Unterwegs schließen wir neue Freundschaften: Auf einer Weide grasen friedlich Kühe, Pferde und Esel nebeneinander und den Benjamin unter den Eseln würden wir am liebsten ins Auto packen und mitnehmen. Denn es ist Liebe.

Vor lauter Trulli die Trulli nicht sehen, das passiert uns dann in Alberobello (das rund 30 Minuten Autofahrt entfernt von Martina Franca liegt). Denn irgendwie landen wir zuerst in jenem Trulli-Viertel, in dem auch heute noch gewohnt, gearbeitet und gelebt wird, im Rione Aia Piccola. Und hier fühlt man sich ein wenig fehl am Platz. In die Trulli, vor denen alte Damen beim Nachmittags-Plausch sitzen, ungeniert hineinstarren? Das fühlt sich irgendwie falsch an. Jedenfalls ist uns mittlerweile klar, dass wir offensichtlich im nördlichen Teil der Altstadt gelandet sind, und der Rione Monti mit rund 1.000 Trulli befindet sich im südlichen Teil. Und dann kann man diese schier unendlich wirkende Zahl von Trulli nicht mehr übersehen: Vom Largo Martellota, der sich – gesäumt von Cafès und Restaurants – wie eine Schneise durch die Stadt zieht, geht es hinein in das Gassengewirr zwischen unzähligen Trulli. Sie waren übrigens der Grund dafür, dass Alberobello 1996 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.

Trulli, eine durch und durch runde Sache...
Er ist nahezu überall in ganz Apulien in den Böden zu finden: der weißgraue Kalkstein, der in Form von Gesteinsbrocken in den Böden den Bauern das Leben beträchtlich erschwerte. Damit das Land in dieser Region bewirtschaftet werden konnte, mussten die Landwirte die Steine einsammeln – ein mehr als mühsames Unterfangen. Unter anderem schichteten sie diese zu jenen Trockenmauern auf, die vor allem im Valle d`Itria das Landschaftsbild prägen. Verwendung fanden die Steine auch beim Bau der Trulli, sie wurden ohne Mörtel aufeinander geschichtet. Speziell und vor allem einzigartig sehen sie aus, die kleinen weißen Häuschen mit ihren spitzen Dächern, und er soll maßgeblich für deren Architektur verantwortlich sein: Giangirolamo II die Acquaviva, im 17. Jahrhundert Graf von Conversano. Die Grundsteuer, die der königliche Hof in Neapel für den Bau von Siedlungen mit fest gemauerten Häusern festgelegt hatte, war ihm ein Dorn im Auge und so ließ er als Feudalherr seine Bauern ihre Häuser in Trockenbauweise, eben ohne Mörtel, errichten. Der Clou an der Geschichte: Sollte es zu einer Überprüfung durch eine königliche Kommission kommen, konnten die Trulli schnell wieder abgerissen (oder zumindest die Dächer schnell abgenommen) und danach wieder aufgebaut werden – raffiniert, und scheinbar auch erfolgreich. Denn eine Ansammlung von Grundfesten machte ja noch lange keine Siedlung aus. 

Nun stehe ich also in einer der steilen Gassen, die sich zwischen Trulli den Berg hinauf zieht, und ich versuche mich an meinen ersten Besuch in den 80er Jahren zu erinnern: Da stand ich mit einer gelben Hose, einem gelben T-Shirt und einem breiten Lachen im Gesicht da, halb der Kamera zugewandt, halb das Abenteuer suchend, das ich hinter jeder Ecke vermutete. Zumindest zeigt mich ein Foto im Album meiner Mutter so, das ich mir vor der Reise angesehen habe. Weniger touristisch war es damals, soviel steht fest. Ich versuche die Souvenirläden wegzudenken, das Alberobello von damals zu finden...   

Ursprünglich war der Trullo einfach nur ein Kegel: Die weiß-grauen Kalksteine wurden in immer enger werdenden Kreisen nach oben geschichtet. Der quadratische, circa zwei Meter hohe Mauersockel kam erst später dazu, auf ihn wurde der Kegel aufgesetzt, als Dach. Und oben drauf dann die Krönung des Trullo: Darauf aufgesetzt wird ein Pinnacolo, in Form einer Kugel, einer Scheibe, eines Kegels oder eines Kreuzes. Dieser Pinnacolo machte auch auf den ersten Blick klar, wer im jeweiligen Trullo wohnte: Denn je schöner und kunstvoller der Pinnacolo ausfiel, desto wohlhabender waren die Besitzer, denn gute Handwerker waren – wie auch heute – teuer. Und auch sie durften nicht fehlen: Die magischen Schutzzeichen, die mit Kalkfarbe auf das jeweilige Steindach gemalt wurden. Von einem Pfeil durchbohrte Herzen, unterschiedlichste Kreuzzeichen oder Tierkreiszeichen, die Bedeutung aller Zeichen kennt man heute nicht mehr, aber fehlen dürfen sie auf den Dächern auf keinen Fall. Also werden diese Zeichen jedes Jahr fein säuberlich erneuert. Ihre Architektur birgt übrigens viele Vorteile: Im Winter bleibt die Wärme dank kleiner Fenster und der dicken Steinwände im Inneren erhalten, im Sommer ist es angenehm kühl in den Trulli. Auf unserer Fahrt durch das Valle d`Itria fällt uns auf, dass die Trulli auch heute noch gebaut werden, allerdings nicht in der traditionellen Trockenbauweise, wie uns erzählt wird.

So touristisch Alberobello mittlerweile ist, so genügen dann überraschenderweise doch nur ein paar Schritte weg von den Hauptadern dieses Viertels und man landet in Gassen, in denen noch richtig gelebt wird. Da sitzen Frauen vor ihrem Trullo um miteinander zu plaudern, da werden die Beine hochgelegt und man vertieft sich in ein Buch, da trocknet die Wäsche am Wäscheständer. Wir ahnen, wie hier mal gelebt wurde, wie ruhig und beschaulich es gewesen sein muss, aber auch, dass das Leben hier vermutlich nicht allzu einfach war, schon gar nicht in den kleinen und dunklen Trulli, die alles andere als komfortabel waren. Denn so romantisch die gepflegten Trulli mit ihrem üppigen Blumenschmuck heute wirken, so hart muss das Leben hier gewesen sein, als dieses Eck Italiens noch als das Armenhaus Italiens galt. Heute leben die Menschen vor allem vom Tourismus, der seit den 80er Jahren einigen Wohlstand in die Region gebracht hat, und von der Landwirtschaft – nicht umsonst gilt Apulien auch heute noch als die Kornkammer Italiens.

Wir machen noch einen Abstecher in die Wallfahrtskirche Sant`Antonio di Padova (Via Monte Pertica, 16) , die 1926 im Trulli-Form errichtet wurde und Mitte der 1940er Jahre die zweite Pfarrkirche der Stadt wurde. Wer dann immer noch nicht genug hat von den Trulli und noch mehr über deren Geschichte erfahren will, der kann sich dazu im Museo des Territorio in Alberobello informieren (Piazza XXVII Maggio). In gleich 15 miteinander verbundenen Trulli als auch einem neueren Bau lernt man die Geschichte der Region detailliert kennen. Spannend ist auch ein Besuch im zweistöckigen Trullo Sovrano – er ist Alberobellos größter Trullo – direkt hinter der Basilica dei SS. Medici Cosma e Damiano (im nördlichen Trulli-Viertel). Errichtet wurde dieser im 18. Jahrhundert für eine Pfarrersfamilie und verfügt über überraschende Details wie z.B. eine Schießscharte im Schlafzimmer.

Und dann sind wir ein wenig müde, denn wir waren über unzählige Treppen bergauf und bergab unterwegs und die vielen Lokale am zentralen Largo Martellota sind jetzt genau die richtige Adresse für ein kühles Getränk und entspanntes Beobachten all jener, die hier entlang flanieren – im milden Sonnenlicht des Abends. Ach, herrlich, hier würde man es öfter aushalten...

Übrigens, wer Alberobello nicht von Touristen geflutet erleben möchte, der sollte eher in den späten Nachmittagstunden hierher kommen, wenn die Tagestouristen und deren Busse die Stadt wieder verlassen und Alberobello durchzuatmen scheint...

Und dann heißt es Abschied nehmen von Alberobello, der kleinen Stadt mit rund 10.000 Einwohnern, die auch ein wenig wie eine Art von Disneyland anmutet. Der Tourismus hat auch hier das Ruder übernommen, unübersehbar, und ich frage mich, ob er damit auch den Charme dieses Orts vertrieben hat? Ja und nein lautet da wohl die ehrliche Antwort; jetzt im Juni, in der Vorsaison, sind die Gassen Alberobellos noch nicht von Touristen geflutet, im Hochsommer sieht es hier wohl ganz anders aus – und ich möchte es ehrlich gesagt nicht erleben. Dennoch sollte man es gesehen haben, denn auf ihre Art ist die Stadt einzigartig und wunderschön.

Als wir wieder die Treppen in das nördliche Viertel hinaufsteigen, um unser Auto zu finden, werfen wir einen Blick zurück, auf die dicht gedrängten Trulli im Abendlicht, das sich  sanft und fast milchig über die Dächer legt. Die Szenerie wirkt nun fast unwirklich. Und ja Alberobello, so werde ich dich dann auch in Erinnerung behalten...

Da sind wir wieder, Martina Franca! Die Stadt empfängt uns mit einem großartigen Abendlicht, das sich gerade über die Porta Santo Stefano schiebt, als wir über die Piazza XX Settembre laufen. Und dann erst das Abendrosa, das förmlich durch die Altstadtgassen zu fluten scheint und die barocken Fassaden noch schöner macht. Zeit für einen Sprizz, in der Bar gleich vor unserem Quartier, und da spiegeln sich die Gebäude rund um die Piazza auch schon in unseren Gläsern. Che spettacolo!

Unsere Apulienreise geht weiter – nach Ostuni und Otranto.

Werbung aufgrund von Namensnennungen/Verlinkungen. Die Reise wurde gänzlich auf eigene Kosten unternommen.

destination

Das wunderschöne, fruchtbare Valle d`Itria liegt im Dreieck zwischen Bari, Brindisi und Taranto und umfasst das Gebiet um Martina Franca, Alberobello und Locorotondo. Mandel- und Olivenhaine gedeihen hier ebenso gut wie Wein und Getreide. Und mitten drinnen unzählige Trulli, die kegelförmigen kleinen Steinhäuser, deren Bauweise typisch für diese Region ist. 

Apulien liegt im Südosten Italiens, Hauptstadt ist die Küstenstadt Bari. Die Halbinsel Salento liegt im Süden dieser Region und wird als der "Absatz" des sogenannten italienischen "Stiefels" bezeichnet.

gut schlafen

Gut schlafen im Valle d`Itria:

Es liegt im pulsierenden Altstadtzentrum von Martina Franca und ist dennoch eine Oase der Ruhe: Das Relais del Corso. Gastgeber Martino ist ein aufmerksamer Gastgeber und serviert seinen Gästen ein liebevoll zubereitetes Frühstück auf der wunderschönen Dachterrasse. Mehr als empfehlenswert!

gut essen & trinken

Gut essen in Apulien

Apulien war bis in das 20. Jahrhundert hinein eine eher arme Region. Gegessen wurde daher, was Land und Meer hergaben: Getreide - Apulien ist bis heute die Kornkammer Italiens –, Gemüse, Obst, jede Menge Oliven, Milch, Fleisch - hier vor allem Lamm und Ziege – und natürlich Fisch. Eine unkomplizierte, rustikale aber dennoch sehr schmackhafte Küche und so präsentiert sie sich auch heute noch.

In Martina Franca sollte man unbedingt den Capocollo di Martina Franca, eine Wurstspezialität, probieren: Dabei wird das beste Fleisch der Schweine (z.B. aus dem Nackenbereich) aus der Murge-Region mit Vino Cotto mariniert, in Naturdarm gefüllt, gepökelt und dann getrocknet. Eine wahre Wissenschaft, aber was da dann auf dem Teller landet, schmeckt ganz unwissenschaftlich betrachtet einfach wunderbar... Dazu lampascioni, sauer eingelegte Zwiebeln der Traubenhyazinthe und Oliven.

Keinesfalls verpassen darf man orecchiette (Pasta in Form von Öhrchen), oft zubereitet con cime di rapa (Stängelkohl) oder con le braciolette (mit Fleischrouladen in Tomatensud). Und den Tomatensud dann am besten mit puccia aus dem Salento (kleine Brötchen mit Oliven) auftunken... Zum Wein dann die typisch apulischen taralli (kleine, gewürzte Salzteigkringel) – und apropos Wein: Wie so oft in Italien kann man auch hier mit gutem Gewissen vino sfuso trinken, Wein aus dem Fass, denn der kommt aus der Region und ist meist von bester Qualität.

Tipps zu Bars, Cafès und guten Restaurants gibt es hier.